Eigentlich ist mir das aus Deutschland eingewanderte Wort „aussen vor“ für ausserhalb oder draussen immer noch fremd. Aber in Milano verstand ich seine Aussage wie nie zuvor.
Ich befand mich ausserhalb meiner Sprache. An der EXPO2015 dominieren
Italienisch und Englisch. Wir haben in den von uns besuchten Pavillons
nur 3 Auskuntfs-Personen angetroffen, mit denen ein vertieftes Gespräch
entstehen konnte. Klar, das ist ein persönliches Problem von Primo
und mir. Aber dass keine Ausstellungsführer in deutscher und vielleicht
auch in andern Sprachen vorliegen, empfinden wir als Mangel. Eine
Italienerin, die Drucksachen verkaufte, umarmte mich, entschuldigte sich
für ihr Land, dass man nicht an die Deutschsprachigen gedacht habe.
Viele würden sich darüber beklagen. Wir seien doch Nachbarn.
In der Rückschau wundere ich mich, wie gut verständlich unsere
holprigen Sätze bei ihr angekommen sind. Wir verstanden einander in
grosser Herzlichkeit. Und dank Letizia, die Italienisch gut versteht.
Im Schweizer Pavillon, Bereich Spirito di Basilea, begegneten wir dann Friedrich Nietzsche.
Seine Büste sprach vom Sockel herab. Auf die weisse Figur wurde ein
Film mit Ton gesendet, der den Philosophen lebendig erscheinen lässt.
Wenn er spricht, bewegen sich Augen und Mund. Wir haben ihm zugehört und
ihn gut verstanden. Er sprach deutsch.
Weil wir im Pavillon von Grossbritannien die englisch gesprochenen
Erklärungen nicht verstanden, bemühten wir uns, das dargestellte Thema
eigenständig zu ergründen. Primo ahnte, dass es sich um ein wichtiges
Thema handle und verwies auf die Energie. Er erinnerte sich an
Erkenntnisse aus der Ausstellung „Phänomena“ (Zürich, 1984). Ebenso
dachte er an Erfindungen von Buckminster Fuller, als wir vor dem filigranen Gebilde standen. Die miteinander verbundenen, gleichschenkligen Dreiecke verwiesen auf ihn.
Schlussfolgerung: Hier wird pulsierende Energie dargestellt.
Ausgelöst durch Besucher, die sich auf dem Glasboden bewegen und das
Gebilde in einen Erregungszustand bringen.
Später entdeckte ich eine Beschreibung dazu. Es handelt sich um
einen 17 m hohen virtuellen Bienenstock, der pulsiert. Am späten Abend
sahen wir diesen als Kugel, von tausenden LED-Lämpchen farbig leuchten.
Sie wirkte sphärisch. Sie bewegte viele Menschen.
Von der Biene und mehr noch von unserem Verhältnis zu ihr, hängt unser Sein oder Nichtsein ab.
In der RAILTOUR-Informationsbroschüre habe ich
schlussendlich auch noch deutsch geschriebene Hinweise zu den 48
Länder-Pavillons gefunden. Grossbritannien schreibt zu seinem Auftritt:
Das Design ist durch die einzigartige Rolle, welche die Bienenstöcke in
unserem Ökosystem haben inspiriert.Das weltweite Bewusstsein über die
Auswirkungen der Nahrungsmittelproduktion und -verbrauch auf das Leben
aller Menschen soll mit diesem Beitrag erhöht werden.
In diesem Pavillon für Grossbritannien führte ein
Labyrinth-ähnlicher Weg ins Zentrum. Gestaltet mit hölzernen Kisten, in
denen Wiesengras und Blumen wuchsen. So platziert, dass wir dieser Wiese
auf Augenhöhe begegnen konnten. Formen und Grösse aller Halme ergaben
den Eindruck von einem filigranen Gesamtkunstwerk. Sie hatten sich zu
einem prächtigen Spitzenmuster formiert. Ihre Erde muss gesund sein. Und
durstig waren sie nicht.
An anderen Orten beelendet es einen. Da wurden Moose oder Gräser
wie Tapeten an die Wand platziert, wo nährendes Wasser davon rinnen muss
und versickert. Es stimmte uns traurig, verdorrtes Grün zu sehen. Die
Betreuung einiger Pflanzen erschien uns zur Zeit unseres Besuchs Ende
Mai 2015 sorglos und entsprach dem Motto der gesamten Weltausstellung
nicht.
Fortsetzung folgt.
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