Mittwoch, 25. Januar 2017

Der strenge Winter in meinem Umfeld

Es wurde gemeldet, dass sich der Winter seit 30 Jahren nicht mehr so kalt zeige wie gerade jetzt. Obwohl Strassen und Teile von Fusswegen vom Schnee geräumt wurden, blieben doch auch Restanzen liegen. Vorsicht ist geboten. Velofahren habe ich mir verboten. Lebensmittel trage ich jetzt im Rucksack heim. Hin und wieder auch mehrmals am selben Tag, damit die Last den Rücken nicht schädigt.

Der Winter ist ein strenger Abschnitt im Jahreslauf. Er kann hart sein wie gefrorener Schnee. Kalt, abweisend und gefährlich. Von uns verlangt er Achtsamkeit und Vorsicht. Obwohl die städtische Schneeräumung dafür sorgt, dass wir überall gesäuberte Wege finden, gibt es auch kleine Abweichungen. Etwas Vergessenes. In meinem Umfeld z.B. die Treppe, die von der Strasse zu den Glas-Containern führt. Obacht! sagen wir an solchen Orten und das heisst Achtung! Aufgepasst! Glücklicherweise gibt es bei diesem Treppenabgang rechtsseitig eine niedrige Wand, die mir als Geländer dient.

Als der erste Schnee gefallen war, bewunderte ich die Bäume in ihrem weissen Kleid. Auch die verschneiten Dächer, die Wiesen in unserem Umfeld usw. Aber Tag um Tag verblasst die Schönheit im Schnee. Er ist schmutzig geworden. Aber ich weiss, eines Tages, wenn uns die Sonne wieder erreicht, und der Schnee schmilzt und das Schmelzwasser allen Schmutz davon trägt, dann kann ich wieder unbeschwert gehen und aus der strengen Vorsicht heraustreten, einfach wieder meinem eigenen Temperament entsprechend.

Noch bevor es soweit ist, möchte ich ein paar Fotos zeigen, auf denen der Winter seine Kunst darstellen kann. Beim Bahnhof Zürich-Alststetten wurde zur Zeit, als der Vorplatz gestaltet wurde, eine Gitterwand installiert, an der Gewächse hochklettern sollten. Diese machten aber nicht mit. Das dürftige Experiment blieb erfolglos. Die Pflanzen fühlten sich an dieser Wand nicht wohl.

Aber jetzt hat die Eiskönigin eingegriffen und die armseligen Grünflächen am Gitter zu Naturschönheiten erhoben.

Samstag, 21. Januar 2017

Eine Briefmarke wirbt für einen sensiblen Umgang mit der Natur

Dem Briefkasten entnahm ich eine Postkarte, die in der Ukraine aufgegeben wurde. Sofort erkannte ich die von der Schweizer Post herausgegebene Sondermarke mit dem Thema Ökologie in Europa (Think Green, Be Green). Solche habe ich öfters und gern benutzt. Gestaltung, die Farbe Grün und besonders ihre Botschaft entsprechen mir.

So vertraut mir die erwähnte Briefmarke einen Augenblick lang erschien, sie ist nicht deckungsgleich mit unserer Sondermarke. Jene aus der Ukraine ist eine Verwandte von ihr. Auch sie wirbt speziell für den Umweltschutz. Sie trägt ebenfalls Grün. Aber sie trägt auch Details auf sich, die nur für die Ukraine wichtig und passend sind.

Links von ihr die Ergänzung im kleineren Format: Die abgebildete Frucht eines gesunden Baumes mit einem seiner Blätter.

Die beiden Sondermarken ergänzen sich gut. Aber nur jene links mit der Zahl 3oo ist für das Porto zuständig.

Ich habe die Fotos aus der Schweizer Philatelie und jene auf der Postkarte zusammen fotografiert. Viel Spass beim Suchen der Unterschiede.

Die Postkarte selbst ist auch ein Unikat. Mit Schwüngen geschmückt. Links und rechtsseitig und auch am unteren Rand hüllen sie die Grüsse in einer Art Umarmung ein. Und für eine gute Reise «Par Avion» ist sogar ein Engel verantwortlich.

Im Dezember entdeckte ich in der Sihlpost Zürich eine neu eingerichtete Philatelie. Und dort konnte ich nochmals von den erwähnten Sondermarken Ökologie in Europa kaufen.

Die Briefmarken «Europa 2016 - Ökologie in Europa» sind auch online im Postshop der Schweizerischen Post käuflich: www.postshop.ch
Schade, dass ich den Text unter der Foto nicht verstehe.

Und schon ist das Rätsel gelöst. Tochter Letizia überraschte mich mit der Übersetzung des handschriftlichen Textes. Sie konnte berichten, dass es sich bei dem Bild auf der Postkarte um das Hauptgebäude der Nationalen Jurij-Fedkowstsch-Universität Czernowitz handle. Früher Erzbischöfliche Residenz in Czernowitz (Residence of Bukovinian and Dalmatian Metropolitans). Und heute UNESCO-Weltkulturerbe. Der handschriftliche Text auf der Postkarte lasse sich übersetzen mit: «Immer von Bedeutung, über die Zeit hinaus».
Link zu UNESCO-Weltkulturerbe: whc.unesco.org

Aber wie kommt meine Tochter zu einer solchen Übersetzung? Man könnte es moderne Brieffreundschaft nennen. Im vergangenen Herbst suchte Letizia auf der ganzen Welt nach antikem Christbaum-Schmuck. Sie kaufte im Onlineshop von Marina alte sowietische Kugeln. So kam sie auf die Idee, bei ihr anzufragen, ob sie uns helfen könnte. Dass sich Czernowitz dann noch als Marinas Heimatstadt herausstellte, freut uns ganz besonders.

Donnerstag, 12. Januar 2017

Der Puls der Zeit – der Zeitenlauf

Die Uhr als Zeitmesser
Die Uhr im Kirchturm und Glockenklänge aus der Bilderuhr

Plötzlich fügen sich einzelne Erlebnisse zu einem Ganzen zusammen.

Erste Geschichte:

Es war ein gewöhnlicher, ruhiger Morgen, als ich im Supermarkt meines Wohnortes Gemüse aussuchte, es wägen und mit dem Preis markieren wollte.

Vor der einen Waage stand ein Afrikaner. Vor einer zweiten andere Kunden, die sich hier zufällig getroffen hatten, stehen blieben und neueste Nachrichten austauschten.

Der Mann aus dem fernen Land klebte gerade die Etikette für die ausgesuchten Früchte an den Plastiksack. Es schien mir, dass er unser System kenne. Im späteren Gespräch dann bemerkte ich, dass ihm auch die deutsche Sprache geläufig ist. Er blieb aber vor seiner Waagschale stehen, obwohl es für ihn nichts mehr zu wägen gab. Er beobachtete die Kundschaft und ihr Benehmen. Mittlerweile hatte sich um diesen Ort ein kleiner Stau ergeben. Wir warteten. Dann fragte ich ihn, ob die Waage frei sei? Er nickte und trat einen Schritt zurück. Als dann auch mein Gemüse seine Preisetikette bekommen hatte, winkte mir der Fremde zu sich und sagte selbstbewusst: «Ich bin Afrikaner. Sie wissen, wir sind langsam. Aber wir haben immer Zeit. Sie haben keine Zeit. Was sagen Sie dazu?»

Ich sah sofort weder die eine noch die andere Lebensart als die einzig richtige und sagte darum: Für ein gutes Zusammenleben müsste ich wahrscheinlich etwas langsamer werden und er etwas schneller. Dann könnten wir uns in der Mitte treffen. Dazu machte ich noch eine passende Handbewegung. Er verstand mich sofort. Er lachte und dankte. Die Antwort hat ihm gefallen.

Eine zweite Geschichte:

Führung durch das Archiv des Uhren-Herstellers LONGINES in Saint Imier, einem Unternehmen, das sich seit mehr als 180 Jahren erfolgreich der Zeitmessung widmet.
Die Begrüssung vor der raumhohen Sanduhr im Haus LONGINES werde ich kaum vergessen. Ebenso beeindruckte das Archiv mit den handschriftlich geführten Archiv-Büchern, die seit 1867 aufbewahrt werden. Sie geben Auskunft über das Modell, den Kunden und wohin die Uhr geliefert wurde. Der Raum mit diesen Büchern wird «Das Gedächtnis von LONGINES» genannt. Ich durfte einen Katalog mit dem aufgezeichneten Lebenslauf dieser erfolgreichen Firma mitnehmen. Jede Seite spricht von Präzision, Schönheit und Kultur. Die Uhr und ihr verwandte Messgeräte dienen uns allen.
Longines Uhrenmuseum in St. Imier: www.longines.ch

Eine dritte Geschichte:

Das Nachtessen mit Kirchturmgeläute aus der Bilderuhr. Wir staunten, dass aus einem gemalten und üblich gerahmten Bild Kirchenglocken ertönten. Die Stunde war voll. Es fühlte sich an, wie wir es im Dorf oder sogar in der Stadt gewohnt sind. Sofort brach das Gespräch am Tisch ab. Wir staunten. Die Stimmung veränderte sich. Sie wurde feinsinniger. Es folgten dann alle Viertelstunden kürzer gehaltene Töne.

Der Besitzer dieser Bilderuhr erklärte:
Unsere Bilderuhr stammt aus Österreich, von dem Kunstmaler Carl Ludwid Hofmeister, Wien 1828 signiert. Hofmeister gilt heute als der bedeutendste Bilderuhr-Maler des 19. Jahrhunderts. Er war gelernter Glasmaler, hat also mit feinstem Pinselstrich Miniaturen bemalt. Seine Bilderuhren sind daher nicht auf Leinwand, sondern fein auf Kupferblech gemalt. Die frühesten Bilder stammen von ca. 1822. Alle von ihm persönlich gemalten Bilder sind signiert, die Bilder seiner Werkstatt sind nicht signiert.

Wir haben die Bilderuhr wegen ihres zeitgenössischen Bezugs auf Koblenz und der Darstellung des Rheins mit Moselzufluss bei Koblenz und Ehrenbreitstein erworben. Es zeigt gleichfalls eine seltene Darstellung einer schwimmenden Brücke über den Rhein aus Kähnen, mit Fußgängern und Reitern.


Und ich füge noch hinzu, dass das Bild auch ein Liebespaar zeigt, das sich in dieser Welt offensichtlich glücklich fühlt.

Und die vierte Geschichte:

Unsere Gastgeber im Jura freuten sich über das gute Sommerwetter. Das Essen wurde auf die Veranda getragen. Wir sassen auf einer hölzernen Bühne, das weite Jura-Gelände vor uns. Eine Landschaft, die das Herz öffnen kann. Wiesen, Weiden mit Kühen und Wälder, die umfangreiche Flächen abgrenzen, vermitteln Grosszügigkeit und auch Schutz.

Die in unseren Augen jungen Leute – sie würden sich aber gewiss eher als Mittelalterleute bezeichnen – freuten sich, ihr umgebautes Zuhause und die dazugehörige Umgebung zu zeigen. Das aus einer Konkursmasse gekaufte Jurahaus konnte seinen Charme behalten. Und doch wurde es auch nach heutigem Schönheitsbewusstsein und den Bedürfnissen unserer Zeit im Innern angepasst.

Als die Sonnenuntergangsfarben erloschen, hüllte uns die Dunkelheit ein. Weit und breit kein künstliches Licht. Eine Erfahrung, die wir in unserem Lebensumfeld in der Stadt nicht mehr machen können. Diese Dunkelheit ängstigte nicht. Im Gegenteil. Ich fühlte mich gut aufgehoben bei Freunden und gleichzeitig auch aufgehoben im Universum. Ich entdeckte im Laufe des Abends, als sich die Dunkelheit noch mehr verstärkte, dass ich meinen Augen den Himmel öffnen konnte, indem ich das Gesichtsfeld abgrenzte. (Aufrecht geschlossene, seitlich am Kopf angelehnten Hände). Wenn ich noch den Kopf nach hinten fallen liess, öffnete sich der Sternenhimmel sofort. Seine Fülle und die Stimmung an diesem Ort – unbeschreiblich schön.
Es zeigte sich hier die Sternenzeit.

In diesen vier Geschichten meldete sich in mir das Thema der Zeit.
Was ist für mich die Zeit?
Es muss sich um das allumfassende Leben handeln. Für uns Menschen ist sie oft Geheimnis und doch allen bekannt. Ihrem Namen begegnen wir in vielen Worten und in verschiedenen Zusammenhängen. Z.B. Arbeitszeit, Freizeit, Auszeit, zur Zeit, zeitgemäss, zeitlang, Zeitschrift, zeitlos, Zeitmangel etc.

Aus dem geläufigen Ausdruck Puls der Zeit höre ich heraus, dass die Zeit ein lebendiger Raum sei, in den wir hineingeboren wurden.

Uhren und Messgeräten verdanken wir, dass die Zeit gemessen werden kann. Sie dienen den persönlichen Zeitabschnitten in der Familie, im Beruf, in der Freizeit, in der Forschung, im Wettbewerb, im Sport und unterwegs, wenn wir uns auf vorgegebene Zeiten nach Fahrplänen einrichten müssen. In vielen Wettbewerben wird die Uhr zur Schiedsrichterin. Und rückwärts blickend bekommt sie in der Geschichtsforschung ihre Aufgabe.

Manchmal erleben wir Situationen, die scheinbar nicht mehr mit der Uhrzeit übereinstimmen.
Immer dann, wenn ich jemanden oder etwas sehnlichst erwarte, erscheinen mir berechnete Zeitabschnitte extrem lang. Es sind dann meine Gefühle, die mitmischeln und die Zeit ausdehnen.

Mein Leben verstehe ich als ein Stück Lebenszeit aus der gesamten Zeit, die unser aller Leben umfasst. Diese persönliche Zeit kann aber erst dann exakt gemessen werden, wenn wir gestorben sind.