Mittwoch, 21. Dezember 2016

Licht und Dunkel, Sonne und Stern

Der Kalender markiert für heute den kürzesten Tag oder die längste Nacht. Es ist der 21. Dezember, der meinem Geburtstag vom 21. Juni, dem längsten Tag, gegenüber steht. Licht und Dunkel sind denn auch Themen, die mich immer wieder berühren und meine Gedanken inspirieren. Und sie sorgten sogar noch für einen Spass.

Schon seit Tagen stehe ich in scheinbar tiefster Nacht auf. Ebenso wundere ich mich gegen Abend, wie früh sich Dunkelheit ausbreitet.

Die obige Foto, vor ein paar Tagen aufgenommen, hat meinen Blick zum Schulhaus aus der Nachbarschaft eingefangen. Für mich ein schönes Bild. Entlaubte Bäume gestalten an dieser Aufnahme mit. Da ist nichts Gestelltes zu entdecken. Es war früher Abend, die Sonne untergegangen. Die Kinder längst aus der Schule entlassen. Nur noch Lehrpersonen am Arbeiten. Mir gefällt dieses Lichtspiel mit der Dunkelheit.

Letizia offerierte wieder einen Weihnachtsstern aus Papier und weil sie gerade mit Goldfolie arbeitete auch noch eine goldene Sonne für unsere Vorweihnachts-Dekoration. Diese Sonne schmückt jetzt den Eingang zur Wohnung, der Stern aus Papier die Stube. Beide Symbole sind für sich sehr schön. Das goldene Strahlenbündel ist aber so gross, dass wir uns an ihm vorbeidrücken müssen. Wer zu uns kommt, schmunzelt über diese Dominanz.

Beide Symbole tragen starke Bilder in sich. Die Sonne ist unsere Quelle für Licht, Kraft, Wärme, für das menschliche Leben überhaupt. Der Stern weist auf das Überirdische hin. Auf das Universum, das uns umschliesst. Auf die jenseitige Welt und auf die Verbindung von Himmel und Erde.

Solche Gedanken sind mir erst beim Schreiben in den Sinn gekommen. Ich wollte ursprünglich nur vom Erlebnis mit der goldenen Sonne berichten.

Ich schlief wenig, erwachte mehrmals, weil der Bewegungsmelder, der uns vor Einbrechern schützen soll, Licht auf hellster Stufe auslöste. Zuerst wunderte ich mich, wie spät oder mehr noch wie früh unsere Nachbarn nach Hause kommen. Es war aber seltsam still, keine Stimmen, keine Schlüssel, die gedreht worden wären, kein Türgeräusch.

Primo sah das dann am Morgen ganz anders. Er dachte an den Wind, der in unsere Laube fuhr und wahrscheinlich mit der goldenen Sonne tanzte. Es muss ein Fest für die beiden gewesen sein. Ein Lichtspiel ähnlich wie in der Disco. Und dieses hat den Bewegungsmelder aktiviert. Nachdem wir am andern Tag die Sonne ins Haus trugen und erst am folgenden Tag wieder am Türrahmen aufhängten, war der Spuk vorbei. Niemand beschwerte sich.

Jetzt wird die Sonne jeden Abend ins Haus getragen und am andern Morgen wieder im Freien aufgehängt.
Zum bevorstehenden Weihnachtsfest füge ich unsere Festtagsgrüsse an:
Unsere Intarsie erzählt vom Himmel
und der Erde,
von gestern, heute und morgen.
Und von Feiertagen, die sich
in der Mitte treffen.
Und auch von der Gelegenheit,
einander wieder frohe Weihnachten
und ein gutes neues Jahr
zu wünschen.

P. + R. Lorenzetti

Donnerstag, 15. Dezember 2016

Nochmals in Neuwied
Besuch im Herrnhuter-Viertel

Nochmals wurde uns ein Wunsch erfüllt. Wir durften den Ort der Herrnhuter Brüdergemeine kennen lernen. Er befindet sich in einem eigenen Karree, das den lauten Verkehr abweist. Eine Oase. Eine architektonische Schönheit, die Ordnung und Geborgenheit vermittelt.
Der Name Herrnhut bedeutet «der Hut des Herrn».
Herr C. erwartete uns, begrüsste uns draussen im Hof und lud uns in den Gebets-Saal ein. Drinnen erklärte er, dass wir durch den Eingang für die Männer eingetreten seien. Der gegenüberliegende Eingang gehöre den Frauen. In dieser Gemeinschaft sei man einander Bruder und Schwester und sage sich Du.

Und er erzählte von seinen Aufgaben als Vorsteher der Herrnhuter Gemeine und dass dieses Amt immer eine Berufung sei. Man könne sich dafür nicht bewerben. Schon seinem Vater sei es übertragen worden.
Er zeigte uns einen historischen Prospekt der Stadt Neuwied am Rhein. Und sagte dazu, Neuwied sei bis in unsere Tage ein Zufluchtsort für Glaubensflüchtlinge. Er wies in diesem alten Stadtbild auf das linke noch nicht verbaute Karree hin, auf dem bereits die Kirche dargestellt ist. An diesem Ort führten wir gerade das Gespräch mit ihm. Links im Plan markiert: Anbau der Evangelischen Brüder Gemeine.
Mich packte diese historische Darstellung wegen seiner überschaubaren Anordnung, aber auch wegen seinem perfekten Kupferstich.

Einer Schrift über diese Brüdergemeine in Neuwied entnehme ich die folgende Zusammenfassung:

Alte und Erneuerte Brüder-Unität
Die Evangelische Brüdergemeine hat ihren Ursprung in der böhmischen Reformationsbewegung. Anhänger von Jan Hus gründeten im 15. Jahrhundert eine eigene Kirche, die Brüder-Unität. Im Zuge der Gegenreformation wurden ihre Mitglieder verfolgt, die Gemeinden existierten nur im Untergrund weiter. Letzter Bischof der Brüder-Unität war der bekannte Theologe und Pädagoge Johann Amos Comenius.
1722 fanden aus Mähren vertriebene Nachkommen Zuflucht auf dem Gut des sächsischen Grafen Zinzendorf. Unter der Leitung des pietistisch geprägten Grafen gründeten sie Herrnhut, die erste Gemeindesiedlung der Neuen Brüder-Unität.

Über die Flüchtlinge wird berichtet, dass sich im Jahr 1750 die ersten 40 Herrnhuter Glaubensflüchtlinge auf Einladung des Grafen J.F. Alexander von Wied hier ansiedelten. Sie erhielten 1756 in einer «Generalkonzession» Religions- und Gewerbefreiheit. Die Gemeinde wuchs rasch. 1761 zählte sie über 200, im Jahr 1783 bereits über 400 Mitglieder. Ein zweites Karree wurde gebaut und der heutige Kirchsaal eingeweiht.

Es entwickelte sich reges Gewerbe. Und in dieser Zeit blühte das Unternehmen von David Roentgen. Im Unterschied zu seinem Vater Abraham soll sich der Sohn nicht in erster Linie zum Handwerksmeister, sondern zum erfolgreichen Geschäftsmann entwickelt haben. Heute staunen wir, dass Roentgenmöbel erhalten geblieben sind und ein Museum füllen.

In diesen Tagen wird, wie jedes Jahr, auch wieder nach dem Herrnhuter-Stern gefragt. Weltweit ist er bekannt. Und speziell auch für Kirchenräume beliebt. Ich stelle mir vor, dass dieser besondere Stern das Weihnachtsfest darum verschönert, weil er die Familien aus der Herrnhuter Gemeine mit ihrer Herkunft verbindet.

Herrnhutter Sterne: www.herrnhuter-sterne.de
Die Geschichte des Herrnhutter Stammhauses: www.herrnhuter-sterne.de
Die Geschichte des Herrnhuter-Sterns: www.sterne-shop.de

Uns stellte sich in Zürich ein evangelisch-reformierter Pfarrer als Herrnhuter vor. Sein Sohn besuchte die gleiche Primarschulklasse wie unsere Tochter Letizia. Ich erinnere mich an ein Weihnachtsspiel, das er für das Schweizer Radio gestaltet hat. Das ist aber auch bald 50 Jahre her. Solche Kontakte erweitern die Sicht zu andern Konfessionen, zu ihren religiösem Verständnis, ihren Eigenheiten und spirituellen Schätzen. In diesem Sinn freuen wir uns, dass wir in Neuwied offene Türen vorgefunden haben. Sowohl ins Museum wie auch ins Herrnhuter-Viertel und in ihre Kirche.
Zum Abschluss unseres Besuches verwies Herr C. noch auf das Andachtsbuch Die LOSUNGEN, Gottes Wort für jeden Tag.

Die aufgeführten kurzen Texte (Bibeltexte, Gebete) sind je einem Tag zugeordnet. Sie entstammen einer Idee von Nikolaus Ludwig Zinzendorf, Graf von Zinzendorf. Er wollte den Menschen kurze, christliche Leitsätze vermitteln, um ihnen zu helfen, den Alltag zu meistern. Die Ausgabe für 2016, die ich mitgenommen habe, ist die 286. Ausgabe. Ein Taschenbuch.

Im Internet sind Informationen zum Thema Losungen abrufbar. Es wird dort auch erklärt, wie die Texte ausgewählt werden. Zum wesentlichen Teil durch das Los.
Losungen www.losungen.de
Losungen werden erklärt www.losungen.de

Wir baten den Vorsteher, uns die Losung jenes Tages zu lesen. Er machte das gern und wir freuten uns. Als wir uns verabschiedet hatten, sagte jemand von uns: Das war eine Sternstunde.

Montag, 12. Dezember 2016

Wir sind in Neuwied angekommen
Besuch im Roentgen-Museum

Primos Traum erfüllte sich. Wie schon erwähnt, verstand es sein Lehrer in der Gewerbeschule, ihn für die hochkarätigen Arbeiten von David Roentgen zu begeistern. Unsere gefundenen neuen Verwandten wussten Bescheid, kennen das Roentgen-Museum bestens. Es beherbergt die einmalige Sammlung von Roentgen-Möbeln und Kinzig-Uhren.

Vater Abraham Roentgen (1711—1793) und Sohn David Roentgen (1743—1807) werden als bedeutendste Möbelkünstler des 18. Jahrhunderts bezeichnet. Sie arbeiteten für europäische Fürstenhöfe zwischen Paris und St. Petersburg. Zu den Kunden gehörten die russische Zarin Katharina die Grosse, König Ludwix XVI in Frankreich, Wilhelm II. von Preussen und auch Goethes Vater. So erzählt der Prospekt für das Roentgen-Museum.

V. und S. führten uns an diesen Ort. Durch die Ausstellung begleitete uns der Museums-Direktor, Herr Bernd Willscheid. Er zeigte uns Roentgens Verwandlungstische als Schreibtische, Lesepulte und Stehpulte in einem. Er öffnete z.B. eine Deckelklappe auf einem Tisch mit Aufsatz. Dieser konnte in 2 Bewegungsschritten flach/schräg aufgeklappt und weiter hochgezogen und als Lesepult verwendet werden.

Mit weissen Handschuhen berührte er die Möbel und zeigte uns verschiedene technische Raffinessen. Z.B. wie im Holz eingebaute metallische Sprungfedern ein Fach oder eine Schublade mit Fingerdruck an einem bestimmten, geheimen Ort geöffnet werden konnte.

Darin eingerichtet, fanden sich Fächer für Papier, Tinte und Schreibmaterialien für die Herstellung von Dokumenten. Primo machte mich noch auf Geheimfächer aufmerksam. Er wurde auch schon zu Kunden gerufen, die ein Geheimfach vermuteten, es aber nicht öffnen konnten.

Uns allen machte der Ausstellungs-Rundgang Spass. Auch dem Direktor.
Das Prospektblatt, das für das roentgen museum neuwied wirbt, zeigt eine typische Roentgen-Intarsiengestaltung. Man spricht von 4 Ordnungen, auf der sie aufgebaut sei. Die Abbildung zeigt auf der Spitze stehende Quadrate. In ihrem Inneren sind 4 kleinere Quadrate auszumachen. Und diese sind wieder Teile von 4 Quadraten. Man lernt schauen und entdecken. In diesem Muster spielt die strenge Geometrie mit der Holzstruktur. Das Holz ist etwas Lebendiges. Es bringt Farben und Maserung mit ein, die sich von Quadrat zu Quadrat leicht verändern.

Die Fotos sollen zeigen, wie solche Quadrate entstehen. Primo hat mir für diesen Beitrag Muster geschnitten. Sie weisen auf die minutiöse Arbeit hin, die ein solches Unterfangen verlangt. Die Abbildungen zeigen Zuschnitte, die locker zusammengefügt, aber noch nicht verleimt worden sind.
Es sind erste Schritte, die zu solcher Kunst führen können, wie sie von David Roentgen erfunden worden sind.

Roentgen Museum in Neuwied www.kreis-neuwied.de