Montag, 26. Oktober 2015

Von Zündorf nach Weiss:
Romantische Fähre führt über den Rhein

Der Rhein bei Köln
Unsere Veloausfahrt als Familie. Ein Konvoi zu sechst. Angeführt vom Schwiegersohn ab Bayenthal dem Rhein entlang Richtung Bonn. Über die Autobahnbrücke ans andere Ufer. Angekommen in einem wohlgeordneten, lieblich grünen Land. Wiesen und Bäume. Land der Seligen?

Wir fuhren auf dem Rheinuferweg in den imposanten Flussbogen hinein. Dem Wasser nahe. Der Raum des Rheins zeigt sich in diesem Abschnitt besonders offen und weit. Sein Name Weisser Bogen.

Gerade als die Freude an dieser gemeinsamen Fahrt gross geworden war, schleuderte das neue Fahrrad unsere Enkelin Nora zu Boden. Es entglitt ihrer Führung. Es warf das Kind über den Uferwerg auf die gegenüberliegende Wegseite. Ein Pedal hatte sich aus der Verankerung gelöst. Glücklicherweise kam Nora mit dem Schrecken davon. Sie wurde nicht verletzt. Und der weiche Stoff ihrer Hosen wehrte auch Hautschürfungen ab. Wir erlebten sofort grosse Anteilnahme von Spaziergängern. Berührend. Eine Frau brachte ein Glas Wasser, um den Schock zu entspannen. Ihr Mann entnahm seiner Tasche, die mit «1. Hilfe gekennzeichnet» war ein Pflaster. Felicitas – Noras Mama – nahm es gern an, als psychologische Hilfe, wie sie sagte. Grossvater konnte in der Zwischenzeit das Pedal provisorisch fixieren.
Dann setzten wir uns ans Ufer. Wir schauten aufs Wasser. Sein Fluss beruhigte uns. An diesem Tag wurde die Deutsche Einheit gefeiert. Es zogen verschiedene kleine Schiffe an uns vorüber, die diesem Gedenken einen besonderen Glanz verliehen.

Dann Weiterfahrt auf den Rädern Richtung Zündorf. Offensichtlich ein beliebter Ausflugsort. Kein freier Platz in einer der Gartenwirtschaften. Aber an einem Kiosk konnten wir Eis im Cornet kaufen und die grossen Portionen geniessen. Mit Kleidergrössen verglichen, müssten sie mit XXL bezeichnet werden. Sehr, sehr cool wurden sie empfunden.
Wieder gestärkt, fuhren wir zur Schifflände. Felicitas informierte, dass uns eine Fahrt über den Rhein bevorstehe. (Von Zündorf nach Weiss). Was für eine tolle Überraschung! Viele Leute bereits am Warten. Wir schlossen uns an. Der kleinen, romantischen Fähre mit Namen Krokolino zuzuschauen, wie sie Fussgänger und Radfahrende verschluckte und sie sicher ans andere Ufer brachte, bezauberte. Erstaunlich, wie viele Velos dieses kleine Schiff aufnehmen konnte.

Zur Zeit unserer Überfahrt begann die Fähre plötzlich zu schwanken. Richtung Bonn zog ein grosser Rheinkahn vorüber. Und als Überraschung dahinter noch einer aus der Gegenrichtung nach Köln. Die Wellen trafen aufeinander, wurden zum Wellensturm. Die kleine Fähre, sicher gesteuert, brachte uns problemlos ans gegenüberliegende Ufer. Da lachten auch jene Passagiere wieder, die im Sturm ui-ui-ui oder oohhh gerufen hatten. Erschrecken und Spass sind oft Verbündete.

Die Weiterfahrt auf unseren Rädern führte auf einem Radweg von Weiss durch den Naturpark Rheinland. Einmalig für uns die Radwege, wie sie Kölns Wälder bieten können. Gross und weit sind Ihre Räume. Offensichtlich vom Grundwasser des Rheins gut genährt. Die Bäume aufrecht, von gutem Wuchs, gross und stark. Zu hohen Hallen gewachsen. Mit Domen vergleichbar und doch viel grösser als sie.

Und dann...! Nochmals bockte das Pedal an Noras Rad und versagte jeglichen Dienst. Und jetzt? Wir rechneten aus, dass unser Heimweg zu Fuss ca. 3 Std. dauern würde. Der Schwiegersohn entschloss sich, sein eigenes Velo zu fahren und gleichzeitig links neben sich Nora, auch auf dem Rad sitzend, heimzuführen. Mit der rechten Hand steuerte er sein eigenes Gefährt und mit der linken jenes von und mit Nora. Eine Glanzleistung. Ohne Zwischenhalt oder weitere Probleme kam unser Familien-Konvoi dann unversehrt nach Hause.
Die Freude an den Velo-Ausfahrten mit dem Grossvater schrieb Nora in den Sand.

Sonntag, 18. Oktober 2015

Neu für mich: Mein Fahrrad hat mich ins Ausland begleitet
Reise nach Köln und zurück

Für mich ist der Velotransport eine ganz spezielle Dienstleistung der Bahn, aber auch von Primo, der sich um mein Rad kümmerte. Allein hätte ich den Selbstverlad nicht geschafft. Die internationale Fahrradkarte (20 Euro) sicherte für die Hin- und Rückfahrt einen reservierten Platz. Wir reisten im Euro-City-Zug nach Köln.
Nach der Fahrkartenkontrolle im Umfeld von Freiburg im Breisgau, entschlossen wir uns, im Bordrestaurant zu essen. Wir machten uns auf den Weg. Unser Sitzplatz und das Restaurant lagen weit auseinander. Unterwegs trafen wir auf eine weitere Kontrollperson. Wir wurden aufgefordert, unsere Billette nochmals vorzuweisen. Wir zeigten alle Papiere, auch jene fürs Velo. In ihrem Übereifer entwertete die Schaffnerin dann die Fahrkarte für unseren Rückweg nach Zürich. Ich machte darauf aufmerksam. Sie notierte mit dem Vermerk SR (siehe Rückseite) die irrtümliche Entwertung. Die Karte für die Heimreise sei noch gültig. – «Kein Problem!» wurde uns zugesichert. Hatte sie uns falsch eingeschätzt? Meinte sie, wir würden schwarzfahren?

Wie eine strenge Lehrerin wies sie uns zurecht. Sie kritisierte, dass wir unsere Plätze und die persönlichen Habseligkeiten verlassen hätten und wies auf Diebstähle hin. Ja, unsere Jacken hatten wir zum Essen nicht mitgenommen. Hastig assen wir dann einen Teller feinster Suppe und kehrten an die unberührten Plätze zurück. Später hörten wir eine Mitteilung über Lautspecher, man vermute, dass Taschendiebe zugestiegen seien.

So macht Reisen immer weniger Spass.

Bevor wir Bonn erreichten, wurden wir ebenfalls über Lautsprecher informiert, dass eine Person dringend medizinische Hilfe benötige. Wenn sich Ärzte im Zug befänden, möchten sie sich unverzüglich im Wagen XY melden. Aus unserem Blickfeld folgten 4 Personen diesem Notruf. Danach hielt der Zug ausser Fahrplan in Bad Godesberg-Bonn an. Hier holten Sanitäter eine junge Frau ab.

Eine Woche später verhinderte eine Stellwerkstörung die fahrplanmässige Rückreise nach Zürich. Der Zug aus Hamburg konnte in Köln nicht einfahren. Als er nach halbstündiger Verspätung auf dem Perron eintraf, kam Hektik auf. Die Wagen wurden gestürmt. Wir empfanden die Aussteige- und Umsteigezeiten sehr kurz bemessen.

Unsere 13-jährige Enkelin half uns beherzt. Weil der Grossvater zuerst eine Anzahl voluminöser Rollkoffer umbeigen musste, um das Velo an der vorgesehenen Halterung aufhängen zu können, kümmerte sie sich um unser Gepäck. Sie sorgte dafür, dass jene Personen, die unsere reservierten Sitzplätze erobert hatten, umzogen und schob unsere persönlichen, schweren Gepäckstücke an geeignete Orte. Dann verliess sie den Bahnhwagen. Sie rief uns noch zu, wo unsere Gepäckstücke deponiert seien und winkte adieu. Die Türen schlossen automatisch. Der Zug fuhr ab.

Dass unsere bezahlten Sitzplätze nicht erneut erorbert wurden, dafür sorgte die mit uns reisende 9-jährige Enkelin. Ruhig sass sie am Ort und verteidigte die Sitzplatz-Nummern 41, 42, 43. Die reisetüchtigen Kinder von heute wissen, wie das geht.

Auch diesmal konnte nicht übersehen werden, wie rücksichtslos reservierte Plätze eingenommen werden. Wir waren nicht allein von diesen Eroberungen betroffen. Immerhin habe ich keinen Streit miterlebt. Wenn aufmerksam gemacht wurde, diese Plätze seien reserviert, erhoben sich die angesprochenen Personen. Meist folgte vorher noch ein Blick zu den Reservationsanzeigen. Für manche mag es ein Spiel oder Sport sein, einen Platz zu ergattern. Anständig empfinde ich aber solches Verhalten nicht.

Im Blog vom 12.01.2014 habe ich dieses Problem schon einmal, jedoch aus einer andern Perspektive, beschrieben.

In Basel erneut eine Durchsage, die uns betraf. Wieder eine Störung, die unsere Weiterfahrt verzögerte. Wir wussten aber, dass dieser Zug nach Zürich zurückkehren musste. Also blieben wir sitzen. Mit uns nur 5 weitere Personen. Alle andern Reisenden wechselten in einen Regionalzug. Schlussendlich kamen wir in Zürich beinahe zeitgleich an.

Für die Heimfahrt nach Zürich-Altstetten benützten wir Tram Nr 4. Ohne Velo, aber mit schwerem Gepäck. Schon fühlten wir uns daheim und vor allem auch entspannt. Da trat aber noch der VBZ-Kontrolleur auf und verlangte die Fahrkarten.

Ich seufzte, war doch noch auf Köln programmiert, sagte das dauere aber einen Moment, den er mir gern gewährte. Ich weiss nicht, ob er dachte, es stünde für ihn ein Fischfang von Schwarzfahrenden bevor. Primo wies als erster seine Karten vor und ich folgte dann nach. Da antwortete er sichtlich überrascht, aber freundlich: «Vorbildlich!»

Die Velostation Zürich Nord – neben dem Landesmuseum – wird als Integrationsprojekt von Migranten betreut. Hier konnte ich mein Velo zweimal in einem gesicherten Raum abstellen. Als ich es anfänglich anmelden wollte, wurde ich nicht gleich verstanden. Auf einmal sagte einer der Betreuer aus einem fernen Land: «Du willst Dein Rad parken?» Jawohl! So hätte ich sprechen müssen.

Als ich am Tag danach mit ihm erschien und es «parken» wollte, freuten sich die Männer, dass ich von ihnen etwas gelernt habe. Als ich es später auslöste, um nach Köln mitzunehmen, wurde ich mit erhobener Hand und ebensolchem Daumen verabschiedet. Ich verstand, dass man der Grossmutter viel Power wünschte.

Nach der Rückkehr verbrachte mein Rad nochmals eine Nacht in dieser Station. Als ich es abholte, dankte ich und sagte: «Nun bin ich froh!» Der Mann, der mich nun kannte, antwortete sofort: «Wir auch!»