Dienstag, 21. Juli 2015

Herzlich willkommen in Ritas Blog-Archiv


Es hütet meine Beiträge, die ich während 10 Jahren für das Textatelier Hess von Biberstein geschrieben habe. Es darf und soll besucht werden. Die Geschichten entstammen meinem persönlichen und unserem Familienleben. Angeregt von der Tochter Letizia, entstand diese Sammlung.

Das Tor ist nun allen Interessierten zugänglich.

Ich freue mich auf Besuche, auf Echos. Und hoffe, dass sich unsere Gedanken da und dort treffen.

Rita Lorenzetti-Hess, Zürich

Samstag, 18. Juli 2015

Rita Lorenzetti: "Jetzt sage ich adieu!"

Ich grüsse die Leserinnen und Leser dieses Blogateliers

Und sage es gleich zu Beginn: Es ist ein Abschiedsgruss. Einer der nicht leichtfertig ausgesprochen wird. Ich verlasse das Textatelier Hess von Biberstein.

Ich spüre mein Alter und dazugehörige Beschwerden. Ich spüre und erlebe, wie sich die Welt verändert und damit beschäftigt ist, einer neuen Epoche das Gepräge zu geben. Ich bin ein Auslaufmodell geworden und für neue Gesellschaftsordnungen gewiss nicht zuständig.

Schon seit Wochen dachte ich darüber nach, aus der Textatelier-Gemeinschaft auszusteigen. Den Schlusspunkt nach 10 Jahre Mitarbeit setzte nun der Tod von Walter Hess.

Gerne denke ich an die gute Zusammenarbeit mit ihm. Er schenkte uns viel freien Raum für unsere Gedanken und Texte. Er schätzte unsere Verschiedenheit und lobte dementsprechende Beiträge. Er zeigte seine Begeisterung. Manchmal wies er auf Themen hin, die im Blogatelier noch nicht behandelt wurden. Meist aber schrieben wir, was uns gerade umtrieb.

Die Arbeit ist das Eine. Die Leserschaft das Andere. Ihr danke ich gern. Das Echo auf unsere Beiträge, ablesbar an den Zahlen der Textatelierbesuche, sprachen immer eine deutliche Sprache. Unsere Arbeit wurde offensichtlich geschätzt. Sie interessierte. Man konnte sie gebrauchen.

Jetzt sage ich adieu!
Danke für die Wertschätzung unserer Arbeit.
Ihnen allen: Ein gutes Leben. Alles Gute.

Damit die Beiträge für die Enkelinnen nicht verloren gehen, hat meine Tochter Letizia ein Archiv für meine Blogs aus dem Textatelier Hess von Biberstein erstellt.

Der Schlüssel zu ihm lautet ritas-blog-archiv.blogspot.ch
Es darf besucht werden.

Sonntag, 12. Juli 2015

Die alte Dame, der Schauspieler und Erinnerung an sie

Die folgende Erzählung hörte ich im Jahr 1987 im Schweizer Radio. Wolfgang Stendar, der bekannte deutsche Schauspieler, erzählte sie.

Eine persönlich erlebte Geschichte mit einer alten Dame, die er nach einer Vorstellung zum Bahnhof begleitete.

Sie geht mir immer noch nach. Besonders wenn ich irgendwann und ohne einen Zusammenhang mit mir das Wort Kassel höre.

Die Dame erkannte den Schauspieler nicht, als er sich anerbot, sie im Auto zum Bahnhof zu führen. Sie sollte einen bestimmten Zug noch erreichen können. Sie war etwa 70 Jahre alt und ging am Stock. Als sie ihn fragte, ob er auch im Theater gewesen sei, gab er sich als "der König" zu erkennen.

Sie freute sich über diesen besonderen Tag, an dem ihr eine Freilichtaufführung geschenkt, und an dem sie von einem König zur Bahn gefahren wurde.

Sie war Wittwe und hatte im Krieg ihre Söhne verloren. Ein gelegentlicher Theaterbesuch schenkte ihr grosse Freude. Sie lebte in einem Altersheim.

Gerne hätte sie dem Schauspieler etwas geschenkt. Kurz bevor der Zug einfuhr, öffnete sie die Tasche, um die Fahrkarte herauszunehmen. Da sah sie das belegte Brot, das ihr die Wirtschafterin im Heim liebevoll vorbereitet hatte. Sie schenkte es ihm.

Er erzählte diese Episode warmherzig und spannend. Gebannt sass ich vor dem Radio, als eine meiner Töchter die Stube betrat. Und auch sie wurde von den Worten und der darin enthaltenen Menschlichkeit sofort ergriffen und blieb unter der Tür stehen.

Da hörten wir zusammen noch den letzten Satz: "Sie winkte aus dem Zug, der um Mitternacht wegfuhr. Nach Kassel."

Mittwoch, 1. Juli 2015

Güterhof Schaffhausen, der Rheinfall und das grosse Los

Als wir in Schaffhausen unterwegs waren, kamen wir an einem Kiosk vorbei. Primo sagte unerwartet: Hier wäre ein Lotterie-Los für mich passend. Es war mein Geburtstag. Letizia griff die Idee auf, wandte sich an die Kioskfrau. Diese riet zu einem Swisslos. Sie fragte nach dem Sternzeichen und gab mir eines aus der Rubrik Zwillinge. Es kostete 10 Franken. Letizia spendierte es. Ich öffnete es und sah, dass ich gewonnen hatte. Wie viel? 10 Franken. Und dazu ein fröhlicher Moment. Wirklich lustig. Wir konnten herzhaft lachen.
Schaffhausen am Rhein ist die nördlichste Stadt der Schweiz. Ein Ort mit gepflegter und verkehrsfreier Altstadt. Für uns immer wieder einen Besuch wert. Besonders auch wegen der Geschichte jener jungen Forelle, die ich im Blog vom 25.03.2007 erzählt habe.

Diesmal wollten wir den Güterhof im Hafenviertel kennenlernen. Ein Gastronomiebetrieb, der in einer ehemaligen Lagerhalle eingerichtet worden ist. Im Hafenviertel, wo einst Salz, Getreide und Rohstoffe für den Transport auf dem Rhein gelagert wurden. 2008 wurde dieser umgenutzte Raum eröffnet.

Die Halle ist Halle geblieben. Ihr Raum eine Wucht. Die Zimmermannsarbeit grandios. Eine Wohltat, da drinnen zu sitzen. Wir bewunderten die Holzkonstruktion und auch die offene Showküche. Es wird von regionalem und internationalem Flair gesprochen. Diesem Raum wurden die alten Proportionen respektvoll erhalten.

Und die Küche begeisterte uns ebenso. Wir wählten individuelle Speisen, waren von allem angetan. Letizia fotografierte die Teller und entwickelte später mit den Fotos ein Ratespiel für die Enkelinnen im Ausland. Diese mussten erraten, wer was bestellt hatte. Es hat Spass gemacht. Für sie und auch für uns. Bereits ist die Anfrage hier eingetroffen, ob wir bald wieder so ein spannendes Rätselspiel senden könnten.

Wir besuchten dann auch wieder einmal den Rheinfall, fuhren mit dem Bus ab SBB-Bahnhof Richtung Neuhausen. Der Chauffeur wies uns dann den Weg. Obwohl derzeit eine Baustelle die Übersicht auf dem Anmarschweg etwas behindert, konnten wir mit seinen Angaben unser Ziel sofort finden.

Es war viel Regen gefallen. Der Fluss reich an Wasser. Das Naturschauspiel dementsprechend grossartig.

Die Postkarte von diesem Ort vermittelt Zahlen, die aufschlussreich sind:
Rheinfall (Schweiz)
Totale Breite des Falles 150 m
Totale Höhe des Falles 23 m
Alter des Falles 14 000 bis 17 000 Jahre
Maximalste Abflussmenge 1250 m3/Sek.
Mittlere Sommerabflussmenge 600 m3/Sek.
Mittlere Winterabflussmenge 250 m3/Sek.

Wir verweilten lange, schauten dem Fluss zu, wie er gemächlich ankam und dann in die Tiefe stürzte. Das von Felsen gestaltete Flussbecken brachte vielerlei Strömungen hervor. Ich sah auch Kreisel und aufsteigende Gischt.

Ich komme nochmals auf die Forelle im Rhein zurück. Auf ihre Metapher. Auf den Lebenslauf, der unseren Leben sehr ähnlich ist. Es gibt ruhige Zeiten, ruhiges Dahinfliessen, heitere und auch glückliche Tage. Und auf einmal plötzlich Abstürze. Unvorbereitet werden wir vom Leben, von der Zeit, auch von Sorglosigkeit plötzlich in die Pflicht genommen, ins Dunkle des Abgrundes gerissen. Um kurze Zeit später wieder aufzusteigen. Die Erfahrung aber, die bleibt in uns lebendig. Wir nennen sie Lebenserfahrung.