Mittwoch, 19. März 2014

Regie führte die Natur: Spässchen in der Blumenkiste

Irgendwann im Herbst 2012 stellte jemand eine mit Erde gefüllte Eternitblumenkiste auf die Holzbeige neben dem Werkstatteingang. Wahrscheinlich wurde sie lange nicht beachtet, denn rund um diesen Ort wird gebaut. Und oft werden ausgediente Dinge einfach irgendwo entsorgt.
 
Im Mai 2013 entdeckte Primo darin eine heranwachsende Pflanze. Er hatte sie weder gesät noch gesetzt. Er wusste nicht, wer sie war. Sofort freundete er sich mit ihr an und sorgte dafür, dass sie genügend Wasser bekam. Der Ort war günstig für sie. Sie profitierte von der Mittagssonne und von der abstrahlenden Wärme der Hausfront.
 
Dann berichtete er eines Tages, dass ein kleines, weiss-gelbes Stiefmütterchen erblüht sei. Er freute sich enorm. Und bemühte sich wahrscheinlich, noch zuverlässiger für ein feuchtes Erdreich zu sorgen. Und bald danach berichtete er wieder überrascht, dass nun insgesamt 12 Stiefmütterchen zu bewundern seien. Zuerst dachte ich, die Zahl sei wohl übertrieben. Ich müsse in die Werkstatt kommen, um diese Pracht zu sehen. Da war ich dann auch ergriffen.
Unsere Freude hiess sie willkommen. Sie müssen diese gespürt haben. Sie entfalteten sich grossartig und wurden dementsprechend auch von Passanten und Kunden wahrgenommen. Es fehlte ihnen nichts. Waren die Sonntage sommerlich heiss, besuchten wir unsere Blumengäste am Abend und wässerten sie. Was sie an Kraftnahrung brauchten, holten sie sich selber aus dem Erdreich in der Kiste. Erstaunlich ihre Leistung!
 
Anfangs Oktober fotografierte ich sie für eine Abschiedsbild. Viel zu früh. Andere Grünpflanzen, die sich ebenfalls in dieser Kiste eingenistet hatten, waren schon verdorrt. Und beeinflussten das Bild unserer Freunde. Auch ihr Absterben schien nahe.

Und wieder sorgten sie für eine Überraschung. Ein paar Wochen später meldete Primo, jetzt sei ihr Ende gekommen. „Sie sind vertröchnet“, meldete er. Und anderntags musste er diese Nachricht widerrufen. Die Blumen hatten ihre Blätter nur eingerollt, waren noch am Leben. Anderntags begrüssten sie Primo, der bei Tagesanbruch an ihnen vorbeikam. Sie schienen zu lachen. Sie hatten sich erneut geöffnet. Und Mitte Dezember blinzelte uns nochmals ein einzelnes Stiefmütterchen zu. Wir sind eben stark, schien es zu sagen. Auch winterhart, nennt man uns. Ihr werdet noch von uns hören. Einstweilen nur so viel: Wir sind nicht identisch mit den bösen Stiefmüttern in den Märchen.
 
Dann verdorrte auch dieses, schloss die Augen und ihre Ferienwohnung in der Blumenkiste wurde zum Friedhof.
 
Nun März 2014: Sie sind wieder da!

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