Der Adventskalender ist immer noch beliebt. Er ist Begleiter auf
Weihnachten hin. Er soll uns das Warten auf ein grosses Fest hin lehren.
Tag um Tag wird ein Türchen geöffnet. Neuerdings gibt es auch
Adventskalender im Internet. Gestern bin ich auf eine mich ansprechende
Ausgabe gestossen: den Astrodienst-Adventskalender 2010. Anders als beim
herkömmlichen Kalender müssen im Internet auch Ungeduldige warten. Hier
lässt sich kein Türchen früher öffnen.
Eine kleine, feine, aber nur 3 Tage dauernde Ausstellung in St.
Anton Basel zeigte Adventskalender aus verschiedenen Zeiten. Und
entführte uns alle gleich in die Weihnachtsstuben von einst. Es standen
nämlich auf der Bühne 2 Christbäume, einer aus der Stadt, der andere aus
der Landschaft. Der eine mit vielen glänzend roten Kugeln, der andere
bescheidener mit Strohsternen, Äpfeln und gebackenen „Willisauer“-Ringli
geschmückt. Das kannte ich nicht. Weder in Zürich noch im Zürcher
Oberland gab es meines Wissens Muster oder Vorgaben für den Christbaum
der Region. Für mich gibt es bis heute nur Weihnachtsbäume, die eine
Familie oder Menschen, die für öffentliche Räume zuständig sind,
charakterisieren.
Zu den Bäumen wurden in der Ausstellung Familienmitglieder
nachgestellt, ebenso der Nikolaus, der einem Knaben zuhört, wie er sein
Gedicht vorträgt. Daneben, unter dem anderen Baum, lagen Geschenke. Und
diese müssen einer gewissen Norm entsprochen haben: Eine
Märklin-Eisenbahn, noch nicht elektrisch und eine Dampfmaschine für die
Buben und den kleinen Stubenwagen für die Puppen und ihre Mütter. Ebenso
Puppenhausmöbel für die Mädchen. Ähnlich wurden wir in meiner Familie
auch beschenkt. Zwischen diesen 2 Welten sass eine Mutter und vor ihr
auf dem Boden spielte ein Säugling. Obwohl es sich um Schaufensterpuppen
handelte, vermochte das Bild unsere einstige Weihnacht
nullkommaplötzlich ins Bewusstsein zu heben. Andern Besuchern erging es
wie mir.
Aber eigentlich gehörten die Adventskalender an die erste Stelle
meines Berichts. Nur, das Weihnachtsbild auf der Bühne empfing uns
gleich beim Eintreten und lockte uns zu sich.
Die Adventskalender, einst ein reiner Artikel aus der Papeterie,
hat Wandlungen erfahren. War er früher ein doppelwandiger, bedruckter
Karton mit nummerierten Fensterläden, hinter denen ein Bild versteckt
war, ist er heute etwas Voluminöses. Zum Beispiel eine kleine Eisenbahn
bestehend aus 24 Schubladen, die zu einer Lokomotive und 2 Wagen
gestaltet worden sind. Oder an Leinen gehängt: 24 Stoffsäcklein, die
individuell gefüllt werden können. Säcklein auch an verschiedenen
Gestängen. Die Inhalte wurden nicht preisgegeben. Sie gehören zum
Geheimnis der Adventszeit.
In den einen vermute ich Schokolade, Bonbons, Nüsse. Es hiess, es
könne auch ein Zettel mit einer guten Botschaft drin liegen. Z. B. dass
das Kind an diesem Tag von einem Ämtli befreit sei. Andererseits könne
auch eine neue Aufgabe gefischt werden. Das ist spannend.
Ich wurde auch auf einen papierenen Tannenbaum aufmerksam, dessen
Dekoration aus gerollten Papierstreifen bestand. Dazu wurde erklärt,
alle Rollen enthielten je einen Vorschlag für Erwachsene, wie der
gemeinsame Weg auf Weihnachten hin die Partnerschaft stärken könnte. Wer
schenkt denn hier wohl solche Anregungen? Ich weiss es nicht. Da habe
ich schon etwas gestutzt, doch weiss ich seit meiner Arbeit in einer
Buchhandlung, dass der Mensch von heute für alles eine gedruckte
Anleitung wünscht. Und ich denke immer noch: Liebe macht doch
erfinderisch.
Gut gefallen haben mir die 2 robust hergestellten Adventsbücher,
die aufgestellt werden können. Das eine im Format wie eine Pyramide,
will aber den Tannenbaum darstellen. Öffnet man das Buch, finden sich 24
Blätter fächermässig, immer grösser werdend. Ein Buch, das meinen
Kindern damals sicher als Weihnachtswohnung für die Puppenhaus-Leute
gedient hätte. Es hat einen festen Stand.
Das zweite der robusten Bücher ist eines mit einer auffaltbaren
Weihnachtsgeschichte. Wird das Buch geöffnet, stehen die Figuren auf.
Flaches wird räumlich. Menschen und Tiere kommen näher.
Es mag mit meinem Alter zusammenhängen oder mit den
Erstlingseindrücken aus der Kindheit, dass ich den klassischen
Adventskalender aus der Papeterie als meinen Favoriten nenne. Der in
Basel ausgestellte mag aus den 60er-Jahren stammen. Im Hochformat
konzipiert, zeigt er die Weihnachtsgeschichte auf 4
Ebenen: Erde, Stadt, Brauchtum und Himmel.
Da ist eine wunderschöne, orientalisch anmutende Stadt abgebildet.
Ein Zusammenhalt von Häusern. Alle, auch farblich, individuell und doch
zu einem Ganzen verschmolzen. Mit vielen Kirchen und Türmen, die auf
verschiedene Religionen hindeuten. In diese Stadt kann man durch ein
prächtiges Tor eintreten.
Auf dem weiten Platz davor stehen Vater, Mutter, Kinder, Verwandte und auch ein Hund und alle schauen ergriffen in die Höhe.
Hinter der Stadt, die an einen Berg anlehnt, tritt eine grüne
Berglandschaft mit einem Dorf hervor. Auf einem ihrer Wege kommen die Heiligen Drei Könige
mit ihrem Gefolge daher. Ich deute sie als Darstellung des bis heute
lebendig gebliebenen Brauchs, am 6. Januar ihr Fest „Epiphanie“ zu
feiern.
Nun trennen uns nur noch die Berge mit dem ewigen Schnee vom
Himmel, wo 3 Engel das Tor, also das Fenster mit dem dahinterliegenden
Weihnachtsbild, bewachen. Der eine mit der Trompete, die beiden anderen
scheinen mit der Aufgabe betraut, das Weihnachtsbild zu schützen.
Diesen Adventskalender, der nicht mir gehört, habe ich
fotografieren können. Die inneren Bilder, also jene hinter den Türchen,
muss ich selber erfinden, wenn ich meinen Enkelkindern die
Weihnachtsgeschichte aufgrund dieser Darstellung erzähle. So wird es
gewünscht. Die Mädchen freuen sich, mit uns Weihnachten zu feiern.
Unsere Einladung ist gut angekommen. Die bald 9-jährige Mena lese sie täglich vor. Wenn am Schluss unsere Frage gestellt wird: „Ist das gut so? Was sagt ihr dazu?" dann rufen sie jedesmal: „Ja, ja, ja" und tanzten in der Wohnung umher.
Beliebt ist in unserer Familie ist auch der feinfühlig gestaltete papierene Adventskalender der Vogelwarte Sempach.
Hier sind Vögel hinter den Türchen versteckt und warten darauf, dass
wir uns für sie interessieren. Im Inneren des Türchens finden wir Namen
und Informationen zu ihrer Nahrung und Lebensweise. Und
selbstverständlich vermittelt das Türchen Nr 24 jedesmal auch
Weihnachtliches.
Dann weise ich noch auf Popis Adventskalender hin. Letizia gestaltet ihn seit einigen Jahren fürs Internet. www.popi.lorenzetti.ch.
Popi verkörpert etwas von der Seele unserer Familie. Von unserer
Kreativität, von unserer Freude an Geschichten und liebenswürdigem
Humor. Mit Popi lösen wir manchmal Probleme, indem wir ihm die Stimme
leihen, um etwas zu entschärfen.
Popi spricht Zürcher Dialekt. Die Geschichten leben aber auch von den Bildern.
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