Sonntag, 5. Dezember 2010

Adventskalender aus der Papeterie oder aus dem Internet

Der Adventskalender ist immer noch beliebt. Er ist Begleiter auf Weihnachten hin. Er soll uns das Warten auf ein grosses Fest hin lehren. Tag um Tag wird ein Türchen geöffnet. Neuerdings gibt es auch Adventskalender im Internet. Gestern bin ich auf eine mich ansprechende Ausgabe gestossen: den Astrodienst-Adventskalender 2010. Anders als beim herkömmlichen Kalender müssen im Internet auch Ungeduldige warten. Hier lässt sich kein Türchen früher öffnen.
 
Eine kleine, feine, aber nur 3 Tage dauernde Ausstellung in St. Anton Basel zeigte Adventskalender aus verschiedenen Zeiten. Und entführte uns alle gleich in die Weihnachtsstuben von einst. Es standen nämlich auf der Bühne 2 Christbäume, einer aus der Stadt, der andere aus der Landschaft. Der eine mit vielen glänzend roten Kugeln, der andere bescheidener mit Strohsternen, Äpfeln und gebackenen „Willisauer“-Ringli geschmückt. Das kannte ich nicht. Weder in Zürich noch im Zürcher Oberland gab es meines Wissens Muster oder Vorgaben für den Christbaum der Region. Für mich gibt es bis heute nur Weihnachtsbäume, die eine Familie oder Menschen, die für öffentliche Räume zuständig sind, charakterisieren.
 
Zu den Bäumen wurden in der Ausstellung Familienmitglieder nachgestellt, ebenso der Nikolaus, der einem Knaben zuhört, wie er sein Gedicht vorträgt. Daneben, unter dem anderen Baum, lagen Geschenke. Und diese müssen einer gewissen Norm entsprochen haben: Eine Märklin-Eisenbahn, noch nicht elektrisch und eine Dampfmaschine für die Buben und den kleinen Stubenwagen für die Puppen und ihre Mütter. Ebenso Puppenhausmöbel für die Mädchen. Ähnlich wurden wir in meiner Familie auch beschenkt. Zwischen diesen 2 Welten sass eine Mutter und vor ihr auf dem Boden spielte ein Säugling. Obwohl es sich um Schaufensterpuppen handelte, vermochte das Bild unsere einstige Weihnacht nullkommaplötzlich ins Bewusstsein zu heben. Andern Besuchern erging es wie mir.
Aber eigentlich gehörten die Adventskalender an die erste Stelle meines Berichts. Nur, das Weihnachtsbild auf der Bühne empfing uns gleich beim Eintreten und lockte uns zu sich.
 
Die Adventskalender, einst ein reiner Artikel aus der Papeterie, hat Wandlungen erfahren. War er früher ein doppelwandiger, bedruckter Karton mit nummerierten Fensterläden, hinter denen ein Bild versteckt war, ist er heute etwas Voluminöses. Zum Beispiel eine kleine Eisenbahn bestehend aus 24 Schubladen, die zu einer Lokomotive und 2 Wagen gestaltet worden sind. Oder an Leinen gehängt: 24 Stoffsäcklein, die individuell gefüllt werden können. Säcklein auch an verschiedenen Gestängen. Die Inhalte wurden nicht preisgegeben. Sie gehören zum Geheimnis der Adventszeit.
 
In den einen vermute ich Schokolade, Bonbons, Nüsse. Es hiess, es könne auch ein Zettel mit einer guten Botschaft drin liegen. Z. B. dass das Kind an diesem Tag von einem Ämtli befreit sei. Andererseits könne auch eine neue Aufgabe gefischt werden. Das ist spannend.
 
Ich wurde auch auf einen papierenen Tannenbaum aufmerksam, dessen Dekoration aus gerollten Papierstreifen bestand. Dazu wurde erklärt, alle Rollen enthielten je einen Vorschlag für Erwachsene, wie der gemeinsame Weg auf Weihnachten hin die Partnerschaft stärken könnte. Wer schenkt denn hier wohl solche Anregungen? Ich weiss es nicht. Da habe ich schon etwas gestutzt, doch weiss ich seit meiner Arbeit in einer Buchhandlung, dass der Mensch von heute für alles eine gedruckte Anleitung wünscht. Und ich denke immer noch: Liebe macht doch erfinderisch.
 
Gut gefallen haben mir die 2 robust hergestellten Adventsbücher, die aufgestellt werden können. Das eine im Format wie eine Pyramide, will aber den Tannenbaum darstellen. Öffnet man das Buch, finden sich 24 Blätter fächermässig, immer grösser werdend. Ein Buch, das meinen Kindern damals sicher als Weihnachtswohnung für die Puppenhaus-Leute gedient hätte. Es hat einen festen Stand.
 
Das zweite der robusten Bücher ist eines mit einer auffaltbaren Weihnachtsgeschichte. Wird das Buch geöffnet, stehen die Figuren auf. Flaches wird räumlich. Menschen und Tiere kommen näher.
 
Es mag mit meinem Alter zusammenhängen oder mit den Erstlingseindrücken aus der Kindheit, dass ich den klassischen Adventskalender aus der Papeterie als meinen Favoriten nenne. Der in Basel ausgestellte mag aus den 60er-Jahren stammen. Im Hochformat konzipiert, zeigt er die Weihnachtsgeschichte auf 4 Ebenen: Erde, Stadt, Brauchtum und Himmel.
 
Da ist eine wunderschöne, orientalisch anmutende Stadt abgebildet. Ein Zusammenhalt von Häusern. Alle, auch farblich, individuell und doch zu einem Ganzen verschmolzen. Mit vielen Kirchen und Türmen, die auf verschiedene Religionen hindeuten. In diese Stadt kann man durch ein prächtiges Tor eintreten.
 
Auf dem weiten Platz davor stehen Vater, Mutter, Kinder, Verwandte und auch ein Hund und alle schauen ergriffen in die Höhe.
 
Hinter der Stadt, die an einen Berg anlehnt, tritt eine grüne Berglandschaft mit einem Dorf hervor. Auf einem ihrer Wege kommen die Heiligen Drei Könige mit ihrem Gefolge daher. Ich deute sie als Darstellung des bis heute lebendig gebliebenen Brauchs, am 6. Januar ihr Fest „Epiphanie“ zu feiern.
 
Nun trennen uns nur noch die Berge mit dem ewigen Schnee vom Himmel, wo 3 Engel das Tor, also das Fenster mit dem dahinterliegenden Weihnachtsbild, bewachen. Der eine mit der Trompete, die beiden anderen scheinen mit der Aufgabe betraut, das Weihnachtsbild zu schützen.
 
Diesen Adventskalender, der nicht mir gehört, habe ich fotografieren können. Die inneren Bilder, also jene hinter den Türchen, muss ich selber erfinden, wenn ich meinen Enkelkindern die Weihnachtsgeschichte aufgrund dieser Darstellung erzähle. So wird es gewünscht. Die Mädchen freuen sich, mit uns Weihnachten zu feiern. Unsere Einladung ist gut angekommen. Die bald 9-jährige Mena lese sie täglich vor. Wenn am Schluss unsere Frage gestellt wird: „Ist das gut so? Was sagt ihr dazu?" dann rufen sie jedesmal: „Ja, ja, ja" und tanzten in der Wohnung umher.
 
Beliebt ist in unserer Familie ist auch der feinfühlig gestaltete papierene Adventskalender der Vogelwarte Sempach. Hier sind Vögel hinter den Türchen versteckt und warten darauf, dass wir uns für sie interessieren. Im Inneren des Türchens finden wir Namen und Informationen zu ihrer Nahrung und Lebensweise. Und selbstverständlich vermittelt das Türchen Nr 24 jedesmal auch Weihnachtliches.
 
Dann weise ich noch auf Popis Adventskalender hin. Letizia gestaltet ihn seit einigen Jahren fürs Internet. www.popi.lorenzetti.ch.
 
Popi verkörpert etwas von der Seele unserer Familie. Von unserer Kreativität, von unserer Freude an Geschichten und liebenswürdigem Humor. Mit Popi lösen wir manchmal Probleme, indem wir ihm die Stimme leihen, um etwas zu entschärfen.
 
Popi spricht Zürcher Dialekt. Die Geschichten leben aber auch von den Bildern.

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