Ein Mann meines Alters, ebenfalls an der Ampel auf Grün wartend, fragte mich nach der Tramlinie Nummer 3.
Er sprach Englisch. Antworten konnte ich ihm nicht in seiner vertrauten
Sprache, aber ich zeigte ihm den Weg zur Station und signalisierte,
dass ich ihn bis dorthin begleiten könne. Er war erfreut. Ich erfuhr,
dass er aus Australien komme und einen Freund an der Klosbachstrasse,
hier in Zürich, besuchen möchte. Er zeigte mir einen Zettel mit der
genauen Adresse und dem Hinweis auf die Tramlinie Nummer 3. Ebenso waren
die Kosten für die Tramfahrt mit Fr. 2.– angegeben. Dann zeigte er mir
eine kleine Übersetzungshilfe und schmunzelte dazu. Es war notiert, wie
er sich auf deutsch bedanken könne. Kurz und bündig, sehr effizient.
Mich irritierte nur der notierte Fahrpreis. Ich löse selten
einzelne Fahrkarten, trage immer ein Abonnement auf mir und bin ohnehin
mehrheitlich mit dem Velo unterwegs. Für 2 Franken können wir heute doch
nicht mehr Tram fahren, ging mir durch den Kopf. Was der Mann brauchte,
war ein Einwegbillett für mehr als 5 Stationen. Und dieses koste 4
Franken, antwortete der Apparat. Diesen Preis hätte ich mir gern von
einer hier anwesenden Person bestätigen lassen. Auf dieser wichtigen
Umsteigstation standen viele Wartende, und einige von ihnen sprach ich
auch an. Niemand konnte mir aber Auskunft geben. Die eine Frau war
gerade aus Stuttgart angekommen, kenne sich hier nicht aus. Eine andere
sagte, sie reise immer nur mit Tageskarten, löse keine Einzelbillette
und der nächstfolgende Mann sprach kein Deutsch ...
Dann kam eine Dame, die uns beobachtet hatte, auf uns zu und konnte
den Gast aus Australien auf Englisch ansprechen und ihm die Fragen
beantworten. Er war sehr zufrieden, dass er von ihr deckungsgleiche
Antworten erhielt. Dass der Billettautomat ebenfalls den gleichen
Fahrpreis von 4 Franken errechnete. Dass die von mir angegebene
Fahrtrichtung mit ihrer Auskunft übereinstimmte. Das stimmte ihn
zuversichtlich. Die Reise sei anstrengend, hatte er schon vorher zu mir
gesagt. Er führte auch ansehnliches Gepäck mit sich.
Er dankte herzlich und hatte gerade noch Zeit, zu sagen, er werde
sich an den Wagenführer wenden, um sicher ans Ziel zu gelangen. Dann
fuhr das Tram Nummer 3 ein und nahm ihn mit.
Ein Leben ohne Wegweiser, auch menschliche, ist undenkbar.
Als junge, noch nicht volljährige Frau kam ich nach Paris und
musste viele Wege suchen und nach ihnen fragen. Als ich nach 1 ½
Jahren in die Schweiz zurück kam, nahm ich mir vor, jeder wegsuchenden
Person zu helfen, als Dank für alle Hilfe, die ich damals erfahren
hatte. Und daran habe ich mich bis heute gehalten. Und bis heute bin ich
immer wieder darauf angewiesen, dass man auch mir hilft.
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