Jetzt trifft wieder Ferienpost ein. Heute aus der Bretagne, gestern
aus Stralsund und etwas weiter zurück aus Sidney, Prag und aus
Appenzell.
Ich freue mich immer über sichtbar gewordene Gedanken. Es heisst da
manchmal, dieser Ort würde mir gefallen oder es wäre schön, wenn ich
auch mitgereist wäre. Was immer auch das Motiv ist, dass Karten
verschickt werden: Diese Tradition gefällt mir.
Die eingegangenen Karten sind farbig. Der Himmel meist blau, und wo
er bewölkt ist, sind imposante Wolkenformationen dargestellt. Aus Prag
erreichten mich letzte Sonnenstrahlen vor dem Sonnenuntergang. Da ist
die Stadt in ein goldenes Licht getaucht.
Das Blau, von dem ich sprach, muss auch anderen gefallen. Sonst
würde es nicht so oft dargestellt. In den meisten Fällen wird es nicht
exakt den Augenblick eines Himmelbildes darstellen, sondern den
Farbentscheid eines Druckers, der den Wunsch einer Tourismusbehörde
umsetzt.
Der Himmel über Sydney entspricht exakt meiner Wahrnehmung in
Norwegen. Ich nenne es Trondheim-Blau. Dort sprach es mich an und nahm
mich in seinen Bann. Ich kann es nicht mehr vergessen. Hier gibt es
dieses Blau selten, am ehesten nach dem ersten Herbsteinbruch, wenn die
Sonne nicht mehr so hoch am Himmel steht. Dieses Blau wirkt kühl, aber
nicht kalt. Es strahlt Frische aus, die zur Klarheit gehört.
Ich freue mich, dass es diese Post noch gibt, die auch
handschriftlich angeschriebene Briefe und Karten zustellt. Aus der
eigenen Erfahrung als Aushilfspöstlerin weiss ich, dass gerade diese
Post ein emotionales Gewicht hat, die eine Verträgerin spürt. Auch wenn
die Grüsse und Texte nicht gelesen wurden, konnte ich ahnen, dass sie
Freude bereiten. Und ich trug sie vor allem gern aus.
In letzter Zeit hat meine Liebe zur Post gelitten. Die
Tarifanpassung für die Auslandbriefe Europa per 01.04.2010 (bis dahin
Fr. 1.30, neu Fr. 1.40) ging an mir vorbei, ebenso letztes Jahr die
Reduktion für A4-Briefe in der Schweiz. Es ärgerte mich, dass ich
mangels Informationen Fehler machen musste. Es sah so aus, dass nur noch
die Grosskunden interessant seien. Nun ist das Rätsel aber gelöst. Der
Kleber „Stopp! Bitte keine Reklame“, der in unserem Haus an allen
Briefkästen angebracht ist, verhinderte die Zustellung eines neuen
Tarifblattes. Da ich ihn nicht selbst platzierte – er war schon da, als
wir hier einzogen – habe ich mich mit diesem Thema gar nicht befasst.
Trotzdem, von der Post hätte ich nicht erwartet, dass sie ihre
Tarifmitteilungen als simple Reklame einstuft. Gut. Ich bin jetzt
informiert und richte mich danach. Ich habe meine Haltung geändert. Ich
warte nicht mehr, dass man mich informiere. Ich will mich von Zeit zu
Zeit selber erkundigen, ob sich etwas geändert hat. Und da habe ich
gleich eine interessante Beobachtung gemacht. Schon beim nächsten Besuch
in der Post fiel mir der Ständer im Eingangsbereich mit vielen
Informationen zu allen Dienstleistungen auf. Diese habe ich bisher
übergangen, habe alle Schriften als Reklame betrachtet und dort keine
Tarifinformation erwartet. Sie wäre aber bereitgelegen.
Die ganze Geschichte hat sicher auch mit meinem Alter zu tun. Ich
habe ungefähr 55 Jahre lang erfahren, dass mich die Post immer
informierte, wenn sie an ihren Tarifen etwas änderte.
Wer über 60 Jahre alt ist, muss sich mehr und mehr nicht nur von
Menschen, sondern immer auch von Institutionen, Organisationsformen,
Gewohnheiten, Sicherheiten usw. verabschieden. Ob es uns passt oder
nicht.
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