Im Wartezimmer entspann sich sofort eine heitere Atmosphäre, als
jene Frau eintraf, die ihr Eintrittsformular auf einer festen Unterlage
so in den Raum trug, als würde sie einen Imbiss servieren. Als ich meine
Beobachtung schilderte, lachte sie verschmitzt. Ja, sie sei die Tochter
eines Wirtepaars und in einem Gasthaus aufgewachsen.
Über eine halbe Stunde war sie umhergeirrt, bevor sie diese Praxis
endlich gefunden hatte. Als ich dafür Verständnis signalisierte, freute
sie sich. „Das hat mir heute noch niemand gesagt.“ Sie erholte
sich rasch, und unser lockeres Gespräch bewegte sich rasch zum Humor
hin. Erst recht, als sie aus dem Fragebogen laut vorlas: „Wer ist erziehungsberechtigt?“
Später getraute ich mich zu fragen, wie sie geantwortet habe. Mit
keinem Wort. Doch dann erwachte ihr Schalk und sie schrieb, laut
sprechend, ihr Ich sei dafür zuständig.
Dann wurde ich zum Hörtest gerufen. Als ich zurückkam, war sie verschwunden. Schade! Es wäre gewiss noch viel lustiger geworden.
Jetzt aber stand ein weiterer Hörtest an. Wie aussagekräftig sind
eigentlich solche Tests? Ich war froh, dass ich mein Gehör nochmals
prüfen und meine Erfahrungen vom ersten Mal einfliessen lassen konnte.
Das Wichtigste ist die Fähigkeit zur vollkommenen Konzentration. Keine
Gedanken, keine Ängste, keine Ablenkung. Wie in der Meditation: Nur da
sein und atmen. Aber, als ich die Kopfhörer aufsetzte, aufrecht dasass,
mich erdete, wie man so schön sagt, und dann meinen Atem, einem Fluss
gleich, dahinströmen hörte, war ich sofort abgelenkt. Dieses Rauschen,
was ist da los? Glücklicherweise wurde jene Person, die den Test
durchführen musste, noch kurz weggerufen. Als sie zurückgekommen war,
konnte ich die Frage stellen. Ich hätte meinen Atem gehört, weil die
Kopfhörer meine Ohren dicht abschliessen, hiess es.
Solche Fragen müssen beantwortet werden. Besser noch fände ich,
dass generell auf sie aufmerksam gemacht würde. Ich bin überzeugt, dass
ich wegen meiner Erfahrung diesmal ein viel besseres Resultat liefern
konnte. Das wünsche ich auch andern.
Zurück ins Wartezimmer. Szenenwechsel. Ein älterer Herr, eine
ausstrahlende Persönlichkeit, war eingetreten. Die Ärztin sprach in sein
Ohr: „In 5 Minuten.“ Er nickte und befahl: „Er soll zweimal läuten!“
Frau Doktor riet ihm, nach 5 Minuten vor die Tür zu gehen. Er schaute
auf die Uhr und nickte erneut. Dann betrat eine weitere Patientin den
Raum.
Da hatte ihn vielleicht sein Kurzzeitgedächtnis schon verlassen. Er fragte sie: „Ist das Taxi bestellt?“ Sie konnte es nicht wissen, huschte sofort an die Réception zurück und fragte danach. „Nein, kein Taxi bestellt."
Die Telefonistin griff zum Hörer und verlangte das Auto für Herrn X.
Offenbar ein wichtiger Kunde. Man kannte seinen Namen. Das Auto sei
bereits unterwegs. Die Ärztin selber hatte es bestellt.
An einem Ort wie diesem, wo Hören das wichtige Thema ist, nahm ich
alle Gespräche wie ein Hörspiel wahr. Obwohl ich die Szene beobachtet
hatte, griff ich selbst nicht ein.
Dann ertönte die Hausglocke. Zweimal, wie gewünscht. Niemand
reagierte. Nur ich hatte sie wahrgenommen und konnte informieren. Ein
gutes Zeichen für mich, das sich wenig später mit dem neuen
Hörtest-Ergebnis deckte.