Schon am Neujahrsabend nahm ich mir vor, die Geschichte vom Weisheitskalender aus dem Diderichs-Verlag eines Tages zu erzählen.
Ich fand ihn am 01.01.2009 in einer der Bücherkisten vor der
Buchhandlung Barth im Zürcher Hauptbahnhof. Er war abgegriffen, die
ersten Blätter wellten sich schon. Das Deckblatt schmuddelig. Ich
erinnerte mich aber, dass auch ich dieses Ansichtsexemplar schon einmal
in Händen hatte. Mangels grösserer Auswahl legte ich es Anfang Dezember
wieder zurück und vergass dieses Thema.
Jetzt sah der Kalender erbärmlich und unappetitlich aus. Ich sah
aber sofort, dass die schmutzigen Blätter nach etwa 3 Wochen abgezogen
seien und dass ich seinen Rücken mit einem frischen Deckpapier
renovieren könne. Es war höchste Zeit, einen Kalender zu kaufen. Eine
Frau beobachtete mich und riet mir, im Laden um einen guten Preis zu
feilschen.
Das war nicht nötig. Es genügte zu fragen, was dieser noch koste.
Die Buchhändlerin offerierte ihn für drei Franken. Es sei das letzte
verfügbare Exemplar. Ihr sichtbares Mitgefühl diesem strapazierten Stück
gegenüber gefiel mir. Das war ja ein Geschenk.
Es bewahrheitete sich wieder einmal, dass das Äussere nicht auf das
Innere schliessen muss. Auch die verschmutzten Blätter von Anfang
Januar trugen wertvolle Gedanken vom Dalai Lama auf sich. Viele der
Blätter mit seinen Weisheiten bewahre ich in einer schönen Schachtel
auf. Vorher liegen sie gewisse Zeit auf meinem Schreibtisch. Solange,
bis ich die Essenz verinnerlicht habe.
Vielleicht gelingt es mir eines Tages selbst, Aussagen aus meiner
Lebenserfahrung auf einen Punkt zu bringen. Ich könnte versuchen, jeden
Abend einen Satz zu notieren, der eine ganz persönliche Einsicht
zusammenfasst. Die Idee schliesst an eine Kurserfahrung an. Während der
Ausbildung im Seminar für Freiwillige im sozialen Bereich standen uns in
der letzten Kursstunde immer die letzten 10 Minuten zur Verfügung, um
Notizen zu machen. In diesem schmalen Zeitraum entstanden gute
Zusammenfassungen, kurze, dichte Texte. Das Wichtigste des Tages hatte
sich noch nicht mit früherem Wissen verschmolzen. Es lag obenauf und
konnte leicht benannt werden.
Weil ich heute noch keinen „Eigenbrand“ vorsetzen kann, zitiere ich zum Abschluss den Dalai-Lama-Kalendertext von gestern: „Das Leben zwingt uns dazu, uns so kennen zu lernen, wie wir wirklich sind.“
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