Die zur Adventszeit montierten farbigen Lichter zucken immer noch
an der Haustür einer portugiesischen Familie uns gegenüber und
signalisieren, dass für sie das Fest noch nicht verklungen sei.
Auch für mich ist der Zwischenbereich Weihnachten/Neujahr immer
etwas Besonderes, nicht alltäglich. Wie ein Nachhall nach einem schönen
Konzert. Langsam kehrt Ruhe ein. Die Gäste sind weggegangen, die Wohnung
ist aufgeräumt, aber der Christbaum ist noch da. Da sitze ich dann
manchmal eine Weile zu ihm und sinniere über mein Leben, über die vielen
Festvarianten und auch über die vielen Christbäume, die in unseren
Stuben dekoriert worden sind. Und manchmal sehe ich ein inneres Licht,
und dann weiss ich, dass ich auch diesmal Weihnachten wieder erlebt
habe.
Diese Tage sind auch zum Aufräumen aller administrativen Arbeiten
da. Rechnungen zahlen, um das neue Jahr ohne Schulden anzutreten. Nicht
immer gelingt es, wenn Abrechnungen zu spät eintreffen. Die Post
arbeitet nicht mehr so dienstfertig wie einst. Selber schuld, wird sie
mir sagen. Ich könne mich ja mit dem E-Banking einlassen.
Schon als Jugendliche durfte ich für Mutter die Einzahlungsscheine
ausfüllen. Ebenso war es meine Aufgabe, in den Tagen vor Neujahr die
Adressliste unserer grossen Verwandtschaft neu zu schreiben und alle
Änderungen, die sich im abgelaufenen Jahr durch Umzug oder Tod ergeben
haben, zu berücksichtigen. Diese Arbeiten entsprachen mir schon damals
und prägten sich zu einer Art Ritual aus.
Auch die Kalender gehören dazu. Sie abzunehmen und neue
aufzuhängen, ist auch immer mit Blicken zurück und ein Stück vorwärts
verbunden. Und der neue Tagebuchordner bekommt einen farbigen Rücken.
Seit Jahrzehnten dekoriere ich die nüchternen A5-Ordner mit einem
dekorativen Druckerzeugnis. Diese farbigen Bildausschnitte aus
Zeitschriften, Glückwunschkarten oder Einpackpapier werden manchmal zum
Programm. Letztes Jahr z. B., als wir noch nicht wussten, wann und wo
wir eine neue Wohnung finden werden, wählte ich eine Foto aus einem
Winterwald. Der Fotograf hatte exakt jenen Augenblick festhalten können,
als die verschneiten Tannen ihre schweren Lasten abwarfen. Dieses Foto
wird mich daran erinnern, dass die Hoffnung nicht vergebens war.
Spätestens am Neujahr kommt mir jeweils in den Sinn, dass ich als
6-Jährige am Neujahrsmorgen zum Milchmann geschickt wurde. Von ihm bekam
ich unerwartet ein „Mödeli“ Butter geschenkt. Unfassbares Glück.
Butterbrote waren und sind für mich die grössten Delikatessen. Mutter
hatte einige Tage zuvor im Milchladen ausgesprochen, es sei traurig für
sie, dass sie mir nicht jeden Tag ein Butterbrot geben könne. Die
Lebensmittel waren damals wegen des 2. Weltkriegs rationiert. Der
Milchmann erbarmte sich meiner. So etwas vergisst man nie.
Für mich brauchte es nun keine weiteren und gar noch grossartigen
Veranstaltungen, um bereit zu werden für einen neuen Jahreslauf. Wie
schon oft, haben wir am Silvester um 24 Uhr nur die Fenster geöffnet und
das neue Jahr unter Glockenklängen einziehen lassen.
2009 hat begonnen. Es möge für alle Textatelier-Leserinnen und Leser ein gutes Jahr werden. Herzlichen Glückwunsch Ihnen allen.
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