Der Altstetter Fröschenbrunnen an der Eugen-Huber-Strasse bei der
Abzweigung Friedhofstrasse imponiert mir. Es steht da zu lesen: „Fröschen-Brunnen, Geschenk des letzten Altstetter Gemeinderats im Jahr 1933“. (Altstetten wurde damals in die Stadt Zürich eingemeindet.)
Weiter ist aus der Tafel beim Brunnen zu erfahren: „Die Altstetter nannte man früher „Frösche“,
die zwischen Limmat und Ried lebten. Dieses Ried, heute Albisrieden,
ist seit 1934 ebenfalls in die Stadt Zürich eingemeindet und unser
Nachbarquartier.
Und hieher gehöre ich nun seit Anfang Mai 2008. Ich bin auf dem Weg, eine Altstetterin zu werden. Als ich unserer Tochter Letizia den schönen Brunnen mit der grossen Froschfigur schilderte, lachte sie und fragte: „Muss ich dich jetzt wach küssen? Dann würdest du vielleicht eine Prinzessin.“ Noch im selben Atemzug gab sie sich die Antwort selbst. Nein, dazu würde ich nicht taugen. So ist es.
Ich freue mich, Altstetten zu entdecken, will seine Geschichte
erfahren. Das Ortsmuseum wird mir bald einmal Fragen beantworten. Es ist
aber nur am 1. Sonntag im Monat geöffnet. Auf dem Personenmeldeamt
waren die Broschüren dazu leider vergriffen. „Fragen Sie im Herbst wieder danach“, wurde ich vertröstet.
Zum Abschied vom Bernoulli schenkte mir die Nachbarin Erika das Buch „Chronik der Heilig-Kreuz-Kirche Zürich-Altstetten“, Verfasser: Alfred Boll.
Schon auf den ersten Seiten stiess ich da auf die Abbildung der
berühmten Goldschale, einer Opferschale aus einem zerstörten Grab, aus
der Hallstatt- oder älteren Eisenzeit. Diese wurde 1906 an der
Hohlstrasse bei den SBB-Werkstätten gefunden. Sie kann im
Schweizerischen Landesmuseum beim Hauptbahnhof in Zürich bewundert
werden. Ihre vollendete Schönheit brachte ihr viel Publizität. Sie
prangte auch einmal auf einer schweizerischen Briefmarke.
Weiter habe ich erfahren, dass die einstige Römerstrasse in der
Gegend meiner neuen Adresse, der Eugen-Huber-Strasse, vermutet wird,
denn diese hiess bis 1933 Römerstrasse. Wegen des Sumpfs im Talgrund, von dem auch der Froschbrunnentext berichtet, musste sie über die Anhöhe führen.
Aus Erikas Buch habe ich auch erfahren, dass Altstetten ein
Marienwallfahrtsort gewesen sei. Man pilgerte im Mittelalter von Zürich
aus zu „Unserer Lieben Frau zu Altstetten“. Es sei das am
weitesten erntfernte Ziel einer Prozession gewesen, die von Zürich
ausgegangen sei. Ein Tavernenbrief von 1423 wird erwähnt. Der Vogt von
Altstetten habe das Recht, eine Taverne betreiben zu lassen damit
begründet, „es sei notwendig, weil sich viele Leute zum Besuch Unserer Lieben Frau in Altstetten aufhalten müssen, vor allem die Kranken.“
Pilger sollen nicht nur aus den nahen Gebieten, sondern auch aus dem
süddeutschen Raum und aus Voralberg angereist sein. Ich spüre: Hier ist
der Ort von alters her belebt.
Auch andere Gäste landen hier. Grosse Vögel. Dieser Tage haben wir
von unserem Balkon aus sogar einen Buntspecht auf Augenhöhe beobachten
können. Er pickte Delikatessen aus der Rinde eines Nachbarbaums, der
neben einer Kinderschaukel steht. Noch nie gesehen, nur gehört. Und
Raben und Elstern landen wie Flugzeuge auf dem Wiesenboden vor meinem
Küchenfenster. Im Umfeld der Bernoulli-Siedlung sahen wir diese grossen
Vögel meist nur auf den hohen Bäumen und auf Flachdächern grosser
Geschäftshäuser. Hier hat eine Rabenfamilie ihr etwas grobschlächtiges
Nest auf einer Hagenbuche neben unserem Hauseingang installiert. Und
dann weist die Hätzlergasse noch auf die Eichelhäher hin. Hätzler
sind Eichelhäher. Ihnen bin ich aber noch nicht begegnet. Kleine Vögel
sind hier selten. Aber die Amsel singt uns auch hier ihre Lieder. Und
Schwalben haben wir auch gesehen.
Viele Strassennamen deuten auf die hier einst bäuerliche Landschaft und auch auf die sichtbaren Alpen hin. Beispiele: Saumackerstrasse, Bachmattstrasse, Feldblumenstrasse, Zwischenbächen, Stampfenbrunnen und andere mehr. Pässe und Orte in den Alpen sind ebenfalls vertreten: Grimselstrasse, Calandastrasse, Bristenstrasse, Furkastrasse, Rautihalde usw. Den nahen Waldrand markiert das Dunkelhölzli.
Am Abend spazieren wir gern über die Grenze nach Schlieren. In
wenigen Minuten sind wir bei den Bauernhöfen im offenen Land, wo wir
Rohmilch und verschiedene landwirtschaftliche Produkte bekommen können.
Die Stadt ist nur noch von fern zu sehen. Die Weite des Himmels mit
ihrem Wolkengeschiebe, den Farben und Lichtspielen, aber auch mit den
Kondensstreifen-Kalligraphien der Flugzeuge vermittelt jedesmal das
Gefühl, wir seien in den Ferien. Die Luft ist reiner, die Aussicht
prächtig. Wir sehen die Alpen, können Säntis, Vrenelis Gärtli, Rauti und
andere Grössen grüssen.
Wir haben einen neuen Standort, neue Blickpunkte und Sichten, die uns beflügeln und bereichern. Meine Freundin Lisbeth sagte kürzlich, als sie unsere Wohnung und unser neues Umfeld gesehen hatte: Du musst dich im Paradies fühlen.
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