Im Eisenbahnabteil neben den Einrichtungen für den Velo-Transport waren Primo und
ich die einzigen, die keine SMS erhielten oder abschickten, nicht am
Computer arbeiteten und auch keine Musik oder Botschaften über Kopfhörer
empfingen.
Uns vis-à-vis arbeitete ein Mann am Computer und trug diesen von
Zeit zu Zeit in den Bereich des Gepäckwagens, wo er ihn vermutlich an
eine elektrische Steckdose anschliessen und seine Botschaften loslassen
konnte.
Später telefonierte er seiner Frau oder Freundin, meldete die
Zugsankunft und überliess ihr grosszügig die Menuwahl für das
Abendessen. Er meldete, dass er sich darauf freue. Dann klingelte sein
Handy, und er musste Fragen von einem Mitarbeiter beantworten.
Unmöglich, dass ich das Gespräch hätte ignorieren können. Er sprach in
normalem Konversationston über die Möglichkeit von Kunstgriffen in der
Buchhaltung oder vielleicht von einer Daten-Erhebung, die noch etwas
zurechtgebogen werden musste. Es war Jahresende und ein anderer
Mitarbeiter hatte diese Eingriffe verschlafen. So verstand ich die
Geschichte, die mich grundsätzlich nichts angeht, die ich aber
zwangsläufig mithören musste. Was würde wohl ein Vorgesetzter dazu
sagen? Ich stellte mir zeitweise vor, dass hinter seinem Rücken ein Mann
aufstehen und ihn zur Rede stellen könnte.
Was ich als Zumutung empfinde, scheint aber normal zu sein. Dieser
Mann war nicht der einzige, der uns Bahnfahrende mit einer Art Hörspiel
unterhielt. Dominant auch eine junge Frau, die mit einer Freundin
telefonierte und ihr die Wettersituation in jenen Städten schilderte, in
denen sie sich in den vergangenen Wochen aufgehalten habe. War sie
vielleicht eine Flugbegleiterin? Es tönte trotzdem unglaubwürdig und vor
allem laut.
Und ich schaute unentwegt in die verschneite Landschaft und wie
sich die Nebelschwaden vor den schroffen Felsen der Churfirsten bewegten
und uns sogar eine Durchsicht in hintere Welten öffneten, wo die
untergehende Sonne einen Felszacken berührte und ihn kurz aufblitzen
liess.
Primo und ich verständigten uns während der ganzen Fahrt höchstens
mit bedeutungsvollen Blicken. Erst später habe ich realisiert, dass wir
unsere Empfindungen zu den schönen Landschaftsbildern wohl hätten
aussprechen können, denn die meisten Mitreisenden waren ja verkabelt und
hätten uns gar nicht gehört.
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