Auf gut Glück sind wir in Bern zum Rosengarten gepilgert, doch die
Ahnung bestätigte sich. Das Restaurant befindet sich noch bis März im
Winterschlaf. Gleichwohl ist ein Spaziergang auch im Winter lohnenswert,
denn die Aussicht auf Bern, auf ihre Altstadtreihen und den sie
umfliessenden Aareschlauf ist einfach wunderschön.
Hier oben auf dem Hügel, der sich vom Bärengraben her auf dem
Fussgängerweg „Aargauerstalden“ erreichen lässt, befindet man sich in
einer Parkanlage, von der es heisst, sie sei ein Mekka für jeden
Blumenliebhaber. Hier blüht vom Frühling bis zum Herbst immer etwas.
Rosen, Rhododendren, Azaleen und Iris, geben den Ton an. Der Park ist
auf einem alten (1765–1877), still gelegten Friedhofgelände angelegt. Eine Oase. Ein Ort fern von hektischem Stadtleben und der Stadt doch nahe.
Wir waren zur Buchpräsentation ins ehemalige Pförtnerhaus am Rande des Schlosshaldenfriedhofs gekommen, wo der „Verlag Rothe Drucke“ die bibliophile Ausgabe „Wer auch immer“, eine Grafikedition mit Werken von Alois Lichtsteiner,
auflegte. Der Weg dorthin liess sich gut mit dem Besuch im Rosengarten
kombinieren. Später bereicherten noch der Spaziergang durch den
angrenzenden Friedhof und einige Zufälle unser ursprüngliches Ziel.
Da war einmal der Bereich der Gräber für Kinder. Mit seinem
Sammelsurium von sich bewegenden Elementen, Windrädern, Blumen, Figuren,
Worten und Bildern war eine frohe Stimmung auszumachen, obwohl der Tod
von Kindern etwas Tieftrauriges ist. Hier wehte ein versöhnlicher Geist.
Gleich daneben fanden wir unerwartet das Grab von Paul Klee und seiner
Frau und realisierten bald einmal, dass wir uns im nahen Umfeld jenes
Zentrums befanden, das 2005 für seine Werke geschaffen worden war.
Der Text auf der Grabplatte ist anrührend. Es heisst da:
„Hier ruht der Maler Paul Klee 18.12.1879–29. Juni 1940
Diesseitig bin ich gar nicht fassbar. Denn ich wohne grad so gut
bei den Toten, wie bei den Ungeborenen. Etwas näher dem Herzen der
Schöpfung als üblich. Und noch lange nicht nahe genug.“
Gleich nebenan ist der Weg zur Luft-Station angelegt. So lautet
auch der Name eines Werkes von Klee. Um die Form eines Kegels führt ein
Pfad spiralförmig nach oben und belohnt alle, die diesen kurzen Weg
gehen, mit der grossartigen Aussicht zum Alpenkranz hin.
Die gute Stimmung blieb um uns auch im „Zentrum Paul Klee“, beim
Essen und später im Gespräch mit einer Museums-Angestellten, die auf den
Auftakt zum Ausstellungsjahr 2008 hinwies. Die neue, am 26. Januar
2008, anlaufende Ausstellung widmet sich der GENESIS und behandelt das
Thema
„Die Kunst als Schöpfung“. Die Themen sind weitreichend und spannend. Sie können unter
www.zpk.org aufgerufen
werden. Zu dieser Ausstellung würden auch lebende Hühner gehören, sagte
uns diese Frau. Man sei eben daran, den Hühnerhof aufzubauen. Gerade
vorhin seien die Hühner angeliefert worden. Da fanden wir sie dann
draussen, noch in ihren Plastikkörben, eng zusammengepfercht, wartend,
was da kommen soll. Sie dauerten mich. Es waren schöne Exemplare, auch
ein Perlhuhn und farbig schillernde Hähne. Sie dürfte es wenig
interessieren, was die Menschen im Gesprächslabor dann miteinander
beraten und zum Thema „Vom Urknall zum Homo Sapiens“ denken
werden. Hoffentlich wird ihnen ein artgerechter Hühnerhof aufgebaut, in
dem sie ein anständiges, ihnen entsprechendes Leben führen können. Was
nützen alle Worte, wenn sie nicht auf die Bedürfnisse des Lebendigen
eingehen?
Im Laufe des vergangenen Jahres kam ich erstmals ins Zentrum Paul
Klee. Die Frauengruppe, der ich angehörte, wurde von 2 verschiedenen
Personen (eine Frau und ein Mann) durch die Ausstellung geführt. Ich war
jener zugeordnet, die von einem Kunsthistoriker betreut wurde. An ihn
dachte ich bei diesem erneuten Besuch und dem Anblick der Hühner. Zu
viel Wissen und zu viele Worte können schädlich sein. Wir wurden damals
mit kunsthistorischem Wissen geradezu übergossen. Es gab im Referat
keinen überflüssigen Atemzug. Eine echte Begegnung mit einem Bild war
für mich unmöglich. Ich bekam Kopfweh und beneidete die andere Gruppe,
die auf ganz ruhige Weise den gefühlsmässigen Zugang zu Klee fand.
Der erneute Besuch in denselben Hallen hat nun einen Ausgleich geschaffen. Primo
und ich liessen uns von Bildern gefühlsmässig leiten. Wir schauten und
hörten. Heisst es nicht: Ein Bild spricht mehr als 1000 Worte?
Literatur zu Ausstellungen und Künstler-Biografien interessieren
mich auch. Aber erst, wenn ich wieder zu Hause bin und ich das Geschaute
verinnerlicht habe.
Ganz anders die Situation, wenn Kühe sich mit Kunstbüchern befassen. Ein Lieblingswitz von mir lautet so:
Auf der Wiese, in zartem Gras liegend, vertieft sich eine
intellektuelle Kuh in die Betrachtung eines Bildbandes. „Was siehst du
dir an?“ fragt der Ochse. „Etwas Faszinierendes von meinem
Lieblingsmaler.“ ‒ „Wie heisst er denn?“‒ „Klee.“