Freitag, 30. März 2007

Wolfwil SO: Kunstvolle Ostereier verbreiten Feststimmung

In Wolfwil nennt man den Markt „Märet“. Wir befinden uns da im Kanton Solothurn. Während des vergangenen Wochenendes fand hier der 18. Ostereier-Märet statt. Ausstellerinnen und Aussteller aus der Schweiz, Deutschland, Ungarn, Rumänien und sogar aus Russland zeigten ihre kunstvoll verzierten Ostereier. Und auch das Grundlagenmaterial für dieses schöne Kunsthandwerk wurde angeboten. Fein angebohrte und sauber ausgeblasene Eier. Solche von ganz gewöhnlichen Hühnern, von Spatzen, Wachteln, Steinhuhn, Rebhuhn, Ente, Kiebitz, von der Graugans, dem Schwan, der Schildkröte und sogar vom Krokodil.

In der lichtdurchfluteten Mehrzweckhalle sassen alle Künstlerlinnen und Künstler an langen Tischen, vor sich ausgebreitet ihre subtilen, von unendlicher Geduld gezeichneten Arbeiten. Einigen konnte beim Malen zugeschaut werden. Hier sah ich erstmals durchbrochene Spitzenmuster über das ganze Ei verteilt. Ausgefräst werden die filigranen Ornamente mit einem Zahnbohrer-Werkzeug.

Sensationell auch die Eier in ihren gestrickten und mit Glasperlen eingearbeiteten Hüllen. Direkt auf die Schale gearbeitet. Eine Art Mäntel, die aber nicht ausgezogen werden können.

38 Ausstellende waren vermerkt. Es ist unmöglich, alle zu erwähnen. Techniken für die Dekoration: Aquarell, Bleistift, Scherenschnitt, Strohapplikationen, Ritztechnik, Ölmalerei, Tusche. Eine Bäuerin liess sich von den Federn aus dem Stall ihrer Tiere inspirieren, und aus St. Petersburg zeigte eine Dame Eierdekorationen mit Stoffbrandmalerei.

Als Materialien waren auch das Holz und die Keramik vertreten. Staunen liessen einen auch die so genannten Klosterarbeiten: Grosse Eier als Gehäuse mit Innenleben. Mit handgefertigten Goldfadenbordüren. Die Türli mit Scharnieren versehen. Jedes ein Kleinod. Erwähnt seien auch die aus Keramik gestalteten Hühner. Eine Augenweide.

Die Eier lagen, ausser in den bekannten Eierkartons, auch in Schalen oder Gefässen, die mit Gewürzkörnern, Linsen, Moos, Sand, Granulat gefüllt waren. Auch Kaffeebohnen dienten als stützendes Material.

Nicht in der Ausstellung, aber im eigenen Erinnerungsschatz sah ich noch die kleinen Vasen für Frühlingsblumen, die wir Kinder aus Eierschalen herstellten. Wir verwendeten die am Spitz sorgfältig aufgebrochenen und ausgelöffelten Schalen des weichen Eis. Auf ein Viereck aus Karton verleimt, wurde es standfest. Wir bemalten es mit Wasserfarben. Und wir sassen damals ganz ähnlich zufrieden und selbstbewusst am Ostertisch vor unseren Werken wie die Künstlerinnen und Künstler hier in Wolfwil vor den ihren.

Sonntag, 25. März 2007

Der Rheinfall bei Schaffhausen: Wasser- und Lebensläufe

„Achtung!“ ruft die Strömung und macht aufmerksam, dass nach 100 Metern der Absturz in 21 Meter Tiefe bevorstehe. Die junge Forelle aus dem Tomasee nimmt allen Mut zusammen und befolgt die Weisung, sich in der Tiefe zu halten, damit sie den wuchtigen Fall lebend überstehe.

Wir befinden uns am Rheinfall bei Schaffhausen, diesem angeblich grössten Wasserfall Europas und gleichzeitig in der Geschichte des Tonkünstlers Peter Christoph Haessig, der sie in den 60er- oder 70er-Jahren für einen Tonkünstler-Wettbewerb gestaltete.

Es geht da um eine Forelle, die im klaren Wasser der Rheinquelle zur Welt gekommen ist. Jung und neugierig will sie dem Wasserlauf des jungen Rheins folgen und zum Meer gelangen.

In dieser feinfühligen Geschichte können wir miterleben, wie sie die Welt entdeckt, Fragen stellt, sich wundert, sich freut. Sie spricht mit Krebs, Fisch, mit Brückenpfeilern, einem Weinblatt, mit Schiffen und einem fortgeworfenen, im Wasser liegenden Fahrrad. Sie bewundert Städte, an denen sie vorbei kommt. Sie hört Kirchenglocken. Sie wird auf singende und tanzende Menschen aufmerksam. Sie spricht zu allen, die ihr nahe kommen. In Basel wundert sie sich dem Fährimaa gegenüber, wie ölig das Wasser hier sei und hört: Man habe sich daran gewöhnt.

In Köln noch mehr schmutziges Wasser. Da sucht sie das Gespräch mit einem alten Hecht und beklagt sich über die noch nie erlebte Verschmutzung und bekommt die gleiche Antwort wie in Basel, zusätzlich noch den eindringlichen Rat zur Umkehr und Heimkehr.

„Kehre zurück und erzähle Deinen Freunden, was du auf deiner Reise gesehen und gehört hast und vergiss nie, was Du an Freunden kennen gelernt hast. Es ist wertvoll, was du auf deiner langen Reise gesehen hast. Du weisst jetzt, dass jeder seine Aufgabe hat, egal ob gut oder nicht. Aber jeder muss damit fertig werden. Geh zurück!“ 

Diese Geschichte trage ich seit Jahrzehnten in mir und wenn ich an den Rhein komme, erwacht sie aus dem Dämmerschlaf. So auch am letzten Sonntag. Da war ich mit Primo nach Schaffhausen unterwegs. Im Eisenbahnabteil nebenan fuhren junge Leute aus einem fernen Land ebenfalls dorthin. Sie unterhielten sich und lachten verhalten. Nie schauten sie aus dem Fenster. Landschaft und Dörfer interessierten sie nicht. Kurz vor Neuhausen, der Rheinfall war bereits durch die noch laubfreien Bäume hindurch sichtbar, erhob sich Primo und deutete ihnen an, es sei hier etwas zu sehen. Eine gemeinsame Sprache war nicht vorhanden. Zögernd standen auch sie auf. Einer der Männer zog in aller Gemütlichkeit seinen Fotoapparat aus der Hosentasche und schaffte es gerade noch, diesen 150 Meter breiten Wasserfall zu fotografieren. Primo, der gerne Erlebnisse schafft und diese Leute etwas aus der Reserve holen wollte, rief noch das Wort „Energy“ zu ihnen herüber, um anzudeuten, was das Wasser dort unten produziere. Dann huschte ein flüchtiges Lächeln über die Gesichter und sie kehrten rasch an ihre Plätze und zu sich selbst zurück. Vielleicht denken sie einmal nur dank der Foto an diesen Augenblick zurück. Das schäumende Wasser schien sie nicht besonders zu bewegen, und die Forelle und ihre Geschichte waren ihnen sowieso unbekannt.

Wenige Minuten später kam uns der Rhein auf der höheren Ebene entgegen. Die Bahn führt seinem Ufer entlang. Ruhig und offensichtlich unbesorgt, fliesst er dort dahin, dem Rheinfall entgegen. Beinahe scheinheilig. Ob die Strömung den Fluss auch orientiert, was demnächst bevorsteht?

So sehe ich den Lauf unser aller Leben. Auf ruhige Zeiten folgen unerwartete Turbulenzen. Wir werden geschüttelt und müssen uns auf anderen Ebenen zurechtfinden. Wir werden mit neuen Bedingungen konfrontiert, aber auch erfrischt und mit Energie aufgeladen. Dann geht es weiter. Die jungen Leute neben uns befanden sich ziemlich sicher in einer beschaulichen Phase, mit sich selbst zufrieden, geborgen in Freundschaft, auch in einem fremden Land.

Und wir? Wir überblicken unser auslaufendes Leben und erkennen jetzt die Geraden, die Windungen, die Wasserfälle, die Stromschnellen und ahnen den ausufernden Fluss. Und trotzdem sind wir immer noch voller Neugierde und Lebensfreude.

Sonntag, 18. März 2007

Erinnerungen an erste Erfahrungen mit meinem Computer

Elsbeth wollte von mir wissen, wie ich mit der digitalen Fotografie umgehe. Es interessierte sie vor allem, wie Bilder aus dem Fotoapparat herausgeholt und zum Entwickeln in ein Labor geschickt werden. Sie war ungeduldig, weil ihre 900 Aufnahmen von einer Asienreise im Moment nur am Bildschirm des Computers ihres Mannes angeschaut werden können.

Ich zeigte ihr den ganzen Vorgang in allen Schritten. Langsam. Sie staunte und fand, das sei ja Zeitverschwendung. Schon trauerte sie der klassischen Fotografie nach. Andererseits hatte sie aber begriffen, dass die digitale Fotografie den Vorteil besitzt, schlechte Bilder einfach löschen zu können. Der Schein trügt uns oft. Auch ich schaute vor Jahren noch wie ein Kind auf die Hände, die eine Tastatur bewegten und in Windeseile Informationen hervorbrachten. Der Computer erschien als Teufelskerl, der alles weiss, alles greifbar machen kann. Subito. Welche Illusion!

Elsbeth vergass auch, dass sie in ihrem Beruf als Batik-Künstlerin ebenso viele vorgegebene Schritte befolgen muss, wenn ihr Werk gelingen soll. Aber gerade weil sie gerne experimentiert und Grenzen überschreitet, erscheint ihr die strenge Logik des Computers extrem zeitaufwendig. Ich holte meine Notiz-Bücher hervor und zeigte ihr, wie ich vorgehen gelernt habe. Jeder Schritt wurde aufgeschrieben, damit er in immer gleicher Art wieder nachvollzogen werden kann. Sie schüttelte nur den Kopf. Nein, darauf wolle sie sich nicht einlassen.

Dieses Gespräch hallt nach und führt mich an die Anfänge meines persönlichen Computer-Zeitalters zurück. Auch ich war einmal unsicher und voller Vorurteile.

Es wurde mir zu jener Zeit eine Stelle angeboten, für die der vertraute Umgang mit dem Computer zwingend war. Die beiden vorgängigen Versuche, in Kursen zur sicheren Handhabung des Computers zu gelangen, waren kläglich gescheitert. Ich gehöre zu jenen Personen, die einzelne Schritte erst verinnerlichen, wenn sie über längere Zeit geübt werden können. Eine allgemeine Vermittlung prallt an mir ab. Ich brauche Praxis und persönliche Hilfe. Ich muss Fehler machen dürfen und daraus lernen. Das ist für mich der erfolgreiche Weg. Nur mit einem Handbuch allein hätte ich es nie geschafft, mich in der Computer-Welt einzurichten. Hilfreich waren das Wissen und das pädagogische Geschick unserer Tochter Letizia, die mich geduldig anleitete, unterstützte und ermunterte. Zu Abstürzen oder Blockaden sagte sie nur: „Mami, das ist Alltag!“ Das durfte ich so hinnehmen und jeweils neu beginnen.

Jener Augenblick, als ich ihr wegen der angebotenen Arbeit anrief und zur Begrüssung „Hilfe!“ rief, ist uns in lebendiger Erinnerung geblieben und markiert die Zeitenwende meiner Stellung als Mutter. Plötzlich konnte das „Kind“ die Mutter an der Hand nehmen.

Ich erinnere mich auch, wie ich den Computer gefühlsmässig in mich aufnahm. Ich fühlte diesen viereckigen Allerweltskerl schwer auf meiner Brust. Seine Starrheit und seine Bedingungen waren nicht anzutasten. Darum erschien er mir anfänglich wie ein Gefängnis. Manchmal hätte ich ihn am liebsten aus dem Fenster geworfen, doch wusste ich immer, dass ich es wäre, die alles Zerschmetterte wieder auflesen und zurücktragen müsste. Oft genügte es in solchen Augenblicken, dass ich vom Schreibtisch aufstand, weglief, zurückkam und weitermachen konnte.

Es gefiel mir aber mehr und mehr, dass er nach Ordnung verlangte und der Jugend das Folgen (Gehorchen) wieder beibrachte.

Anfänglich fühlte ich mich aber losgelöst von allen Erfahrungen, schwebend im Kosmos. Ich fand Halt an den guten alten Begriffen wie Datei, Dokument, Ordner, Papierkorb oder im E-Mail „senden“ und „empfangen“. Diese gab es hier also auch. Ganz besonders freute mich, dass ich im „Word“ mit Menus zu tun hatte, wie in meiner Küche.

Mittlerweile sind wir gute Freunde geworden. Er weiss, was ich brauche und offeriert mir die für mich und meine Aufgaben wichtigen Domänen und manchmal flüstert er mir zu, es gäbe noch soooo viel zum Entfalten, wenn ich nur wollte.

Sonntag, 11. März 2007

Kormorane machen sich im Limmatraum Zürich bemerkbar

Den Kormoran als Wintergast beobachten wir noch nicht lange. Erst in den letzten Jahren ist er als solcher an und in der Limmat aufgetaucht.

Darum bleiben wir sofort stehen, wenn er anfliegt und im Wasser landet. Primo wundert sich jedesmal über die Veränderung des Vogelkörpers, wenn er schwimmt. War er vorher der pfeilschnelle, langgezogene Vogel, verliert seine Erscheinung die vorher wahrgenommene Eleganz. Es ist, wie wenn er Steine in sich hätte, die beim Aufsetzen aufs Wasser nach hinten rutschten und ihn dort in die Tiefe zögen. Aber er bleibt auch auf dem Wasser der Schnelle, der Gradlinige, ein tauchender Jäger. So sahen wir am letzten Sonntagmorgen 3 Kormoranen zu, wie sie sich tauchend verköstigten und dann aufflogen. Danach setzten wir unsere Wanderung am Flussufer fort.

Kurz danach regnete es Kot über mich. Es fühlte sich an, wie wenn ich nach einer Regennacht als erste unser Gartentor unter dem Rosenhag öffne und das Regenwasser aus den Blättern auf mich niedergeht. Ich sah an mir herunter, bemerkte aber weder Wasser noch Kot. Ganz anders aus Primos Sicht. Er riet, die Parka auszuziehen und die Flecken am nahen Brunnen auszuwaschen. Eine schöne Bescherung! Viele weisse Spritzer auf einem dunkelbraunen Stoff. Auch Primos Jacke war betroffen. Nur verschwanden die Ablagerungen dort im hellen Gewebe. Vorübergehende Spaziergänger schauten etwas scheel nach uns aus. Niemand stellte aber Fragen. Darüber war ich froh. Glücklicherweise hatte ich ein Taschentuch aus Stoff bei mir. So liessen sich die Kotspritzer alle auswaschen. Als ich die Parka wieder angezogen hatte und Primo mich musterte, sagte er mit dem ihm eigenen Schalk: „Und jetzt ziehst du noch das Béret aus und betrachtest das Medaillon.“ Ja, ein runder Fleck am rechten Ort platziert, wies mich beinahe als Mitglied eines militärischen Corps aus.

Auch die schwarze Hose war von diesem Überfall betroffen. Aber das bemerkte ich erst viel später. Da hatte das Gewebe diesen ätzenden Dünnpfiff schon richtig aufgesogen. Nur mit Hilfe eines Microfaser-Reinigungstuchs und viel klarem Wasser konnte ich auch diese Flecken zum grössten Teil noch auswaschen.

Das war also der Dank dieser Vögel für unsere Bewunderung.

Dieser Gedanke ist falsch, drückt nur meine Betroffenheit aus. Auf dem Heimweg über die Brücke beim Wehr schauten wir zurück und erspähten nämlich in jener mächtigen Baumkrone, die ihre Äste über den Wanderweg ausbreitet, eine grosse Kormoran-Kolonie. Da wird wohl noch manche Entleerung auf Fussgänger niederprasseln. Ich bin sicher kein Einzelfall.

Das heute im Alltag oft gehörte Wort „Scheisse!“ hat für mich jetzt einen Erfahrungswert. Das Zischen in seinem Klang entspricht exakt meiner Erfahrung.

Montag, 5. März 2007

Vom Warten, Beobachten, Tram fahren und Erschrecken

An der Tramhaltestelle Bahnhofstrasse in Zürich stehen und warten, ist für mich ein Freilicht-Schauspiel. Der Bahnhof spuckt die Reisenden aus, gleichgültig ob sie in der grossen Halle oder im Untergrund angekommen sind. Viele spült es über den Bahnhofplatz Richtung Paradeplatz. Und immer sind es andere Gruppen mit anderen Merkmalen.

Um halb 9 Uhr am Morgen sind es die Angestellten, die mit Taschen und Mappen daher kommen und ihren Arbeitsplätzen zuströmen. Später sind es Flanierende und jene, die ihre Einkäufe und Geschäfte tätigen. Jetzt begegne ich mehrfach Einzelgängern, die ganz auf ihre Ziele ausgerichtet sind. Sehr viele lesen die kleinformatige Gratis-Zeitung im Gehen. Einige halten das Handy am Ohr. Wie konnten sie auch alle leben, als es dieses Kommunikationsmittel noch nicht gab? Es fällt mir auf, dass der Mann, der hier tagsüber die Zeitung der Arbeitslosen verkauft, noch nicht anwesend ist. Keine günstige Zeit für ihn, wenn alle zügig ausschreiten.

Manchmal schaue ich in die Gesichter und möchte wissen, ob sie sich den Aufgaben gewachsen fühlen, denen sie zustreben. Und ich schaue auf Kleider oder auf Schuhe. So auch heute wieder. Es sind viele Grössen vertreten, klassische und sportliche Form. Die spielerische Eleganz ist um diese Zeit eher nicht vertreten. Auf dem Weg zur Arbeit sind jene Schuhe passend, die eine richtige Bodenhaftung und ein selbstsicheres Auftreten unterstützen. Und die Mäntel variieren zwischen Grau und Schwarz.

Ich stehe selbstverständlich nicht alleine an der Station. Zu dieser Zeit warten viele. Jene, die dann im eingefahrenen Tram einen Sitzplatz ergattern, können sich entspannt der Zeitung zuwenden. Wie überall läuten auch hier die Handys. Am Morgen jedoch viel weniger als in den Feierabendstunden. Da wird dann gemeldet, dass die Heimkehr bevorstehe und dass das Essen in den Ofen geschoben werde könne. Es gibt am Morgen und am Abend auch Humoristen, die andere necken. Aber das ist eher selten. Heute habe ich 2 Männern, die neben mir standen, zugehört, wie sie über Kündigungen sprachen. Sie nannten Namen, auch von solchen, die am besten selber noch kündigen würden. Ich folgerte, dass diese Personen entweder unbeliebt oder unfähig sind. Aber welche Machtkämpfe im Arbeitsleben heute ausgetragen werden, das kann ich mir nicht vorstellen. Als die erwähnten Männer Richtung Ausgang gingen, sagte der eine: „Los, das isch halt kein Sandstrand.“ Diese Aussage belustigte mich. Da wird also noch in Bildern gesprochen. Das gefällt mir. Doch gleich danach musste ich feststellen, dass die Herren das Thema gewechselt hatten und jetzt von ihren realen Ferien redeten.

Wie immer leert sich das Tram dann an der Station Uetlihof, im Umfeld einer Grossbank. Alle strömen dorthin, nur ich marschiere Richtung Altersheim Laubegg. Es ist gar nicht so einfach, aus einem breiten und reissenden Menschenstrom auszuscheren.

Bei Celeste verlief dann alles wie üblich. Sie hatte ein paar Anliegen, die ich erfüllen konnte. Als ich mich verabschiedet hatte, war das ein Schlusspunkt, und ich dachte bereits ans Kochen für das Mittagsmahl. Aber oha. Mit dem zufälligen Zusammentreffen mit Frau N. hatte ich nicht gerechnet. Wir wohnen in der Nähe, sehen uns selten. Nun packte sie die Gelegenheit, wollte mir alle Neuigkeiten aus ihrem Leben und jenem ihres Hundes ausbreiten. Sie lud zum Znüni-Kaffee in den Brunaupark ein. Ich konnte nicht nein sagen.

Diese halbe Stunde, die ich ihr dann widmete, wurde zum Horror für mich. Frau N. hat einen seltsamen Schönheitssinn. Heute trug sie einen Kunstfaser-Schal mit aufgedrucktem Ringelnatter-Muster. Da sich das Material dieser Halsschleife auf natürliche Art rollte, konnte man meinen, sie habe eine Schlange um ihren Hals gelegt. Frau N. ist eine nervöse Person. Sie zog dauernd an dieser Schlange herum, die mich verwirrte.

Die gemeinsame Heimfahrt in ihrem Auto konnte ich dann glücklicherweise verhindern.