Mittwoch, 31. Januar 2007

Der Held am Herd. Stoff für eine Geschichte aus dem Tram

Der öffentliche Verkehr hat mir schon manchmal Zufallskontakte oder Stoff für kleine Geschichten verschafft. So wieder einmal am letzten Samstag, als ich wegen des vielen Schnees nicht mit dem Velo zum Einkaufen fahren konnte. Auf dem Heimweg wurde ich auf einen etwa 5-jährigen Buben aufmerksam. Er sass auf dem Schoss des Vaters, direkt hinter mir. Er sprach mit seinem kleinen Bruder, wandte sich dann aber plötzlich an die Eltern und verkündete: „Ich will einen Rein sagen.“ Die Mutter korrigierte: „Einen Reim.“ Und der Bub meldete: „Ja, ich sage jetzt einen Reimt.“ Dieses Wort machte ihm Mühe, aber der Satz, der ihm wichtig war, kam flüssig aus ihm heraus: „Der Held kocht nicht am Herd.“

Ich hätte so gern laut gelacht. Diese Botschaft kam unerwartet, hatte keinen Bezug zum vorherigen Gespräch. Der Vater reagierte ganz nüchtern. Er sagte: „Ja, das stimmt.“

Soso, der Held kocht nicht am Herd. Wo denn? Draussen in der Wildnis, am offenen Feuer, am Meer oder zwischen Felsen? Und was kocht er? Brät er einen Hasen, den er gejagt hat oder vielleicht ein gestohlenes Huhn? Sicher nicht einen Cervelat aus der Hosentasche.

Gerne hätte ich gewusst, wo er den für ihn so wichtigen Satz aufgefangen hat. Am Fernsehen vielleicht? Und warum imponierte er ihm? Ich weiss es nicht. Meine Fragen stiegen einfach wie Luftblasen aus dem Wasser und zerplatzten dann. Eines steht aber für mich fest: Ein solcher Satz ist für Männer gemacht.

Wird dieser Knabe vielleicht in 30 oder 40 Jahren einmal erzählen, dass er diese Worte immer mit sich getragen habe? Sie hätten verhindert, dass er ein Stubenhocker geworden sei? Mut und Unerschrockenheit seien dank ihm zu seinen Zielen geworden?

Als ich am Abend dann am Herd stand und das Mehl für die Suppe röstete, dachte ich wieder an den kleinen Helden und wie wir uns voneinander unterscheiden. Er braucht keinen Herd, ich aber schon und zudem noch die Wärme einer Küche. Ich bin also keine Heldin, aber ich koche gern für die Helden meiner Familie.

Ab sofort nenne ich meine Mehlsuppe „Heldensuppe“, weil sie entstand, als ich zu dieser Einsicht fand.

Das Rezept ist einfach. Die Suppe gelingt immer, wenn ihr Zeit geschenkt wird.

Zutaten für 3 Portionen:
80 Gramm Halbweissmehl
40 Gramm Butter
1 ¼ Liter Fleischbrühe
Reibkäse nach Belieben

Zubereitung:
Das Mehl wird in der Bratpfanne ohne eine Fettzugabe solange geröstet, bis es braun geworden ist. Bei mittlerer Hitze dauert das etwa 10 Minuten. Man soll ganz dabei sein, auf keinen Fall weglaufen. Ich benütze dafür einen Gusseisentopf oder die gusseiserne Bratpfanne. Keine Teflonpfanne.

Das Mehl wird mit einer Holzkelle oder einem Holzlöffel unaufhörlich gewendet, damit es nicht anbrennt. Dann wird Wasser und die Bouillonwürfel oder kalte, schon vorbereitete Fleischbrühe, zum braunen Mehl gegossen und mit dem Schwingbesen gemischt.
Aufkochen. Die Butter dazugeben.
Auf mittlerer Hitze 45–50 Minuten köcheln lassen.
Etwas überwachen. Von Zeit zu Zeit mit dem Schwingbesen lockern.
Mit Reibkäse abschmecken.

Diese Suppe hat mir schon manches Kompliment eingetragen.

Mittwoch, 24. Januar 2007

Den Kindern schmerzt das Ohr, wenn sie giftige Töne hören

Es hiess, der mysteriöse Pfeifton würde nur von Kindern wahrgenommen. Er schmerze in ihren Ohren. Die Foto zum entsprechenden Bericht aus dem Tages-Anzeiger vom 30.12.2006 zeigt einen Knaben, der sich die Ohren zuhält. Er steht an der Kreuzung Uraniastrasse/Seidengasse in Zürich. Auch im Hauptbahnhof, im Durchgang von der Halle her gegen das Alfred-Escher-Denkmal hin, seien diese schrillen Töne zu hören. Aber nur von Kindern. Recherchen ergaben, dass sie von elektronischen Geräten zur Taubenabwehr ausgesendet werden.

Anders als Primo nahm ich die Mitteilung einfach hin, dass Erwachsene diese Pfeiftöne nicht mehr wahrnehmen könnten. Ich weiss, dass mein Gehör schon etwas abgewetzt ist. Er aber wollte bei Gelegenheit den besprochenen Ort finden und dort prüfen, wie es um seine Ton-Wahrnehmung steht. Gut. Sehr gut. Auch ich konnte das beschriebene Signal hören und den Rhythmus der Intervalle, übereinstimmend mit ihm, ausmachen. Das freute mich. Auch wenn uns der Ton nicht weh tat, konnten wir ihn doch hören.

Das brauchte aber seine Zeit. Wir mussten die Lärmquellen analysieren. Es war, wie wenn wir einzelne Instrumente aus einem Zusammenklang isolieren wollten. Wir erschraken über die Lärmfülle, über ihr Gemisch, dem wir täglich ausgesetzt sind und gelernt haben, es zu ignorieren. Da ist es verständlich, dass sich das Gehör im Alter erschöpft.

Das beweist mir auch die 90-jährige Celeste, die mir einen neuen Wecker zeigte und nicht wusste, ob er funktioniere. Sie drehte den Zeiger, bis es läutete. Sehr laut, wie ein Wecker schellt, wenn er einen aus dem Schlaf holen muss. Sie reagierte lange nicht, nahm ihn dann sicherheitshalber ans Ohr, um herauszufinden, ob er läute. Dann sagte sie: „Er funktioniert.“ Dass sie schwerhörig geworden ist, ist mir nicht entgangen. Aber, neben ihr stehend zu erleben, was schwerhörig wirklich heisst, erschütterte mich schon.

Den Ton am Fernsehgerät darf sie nicht mehr einschalten. Die vielen Reklamationen verhindern es. Die Lautstärke, die sie brauchen würde, wäre eine Zumutung an die Nachbarn im Heim. Sie gibt aber nicht auf. Sie verfolgt die Fortsetzungs-Serien mit grösstem Interesse und reimt sich die Geschichte selber zusammen. Sie brauche den Ton nicht, sagte sie mir. Sie könne sich die Geschichten selber ausdenken. Das sei spannend. Sie ahne vieles voraus. Gerade heute müsse eine Entscheidung fallen. Da sie immer noch gerne Familien- und Liebesgeschichten liest und ein Flair für Intrigen hat, bewegt das ihre Fantasie und füllt die vorbeiziehenden Bilder mit Leben.

Und die Tauben im Hauptbahnhof? Auch sie haben etwas begriffen. Mindestens 2 von ihnen wissen bereits, dass die giftigen Töne nicht lebensbedrohend sind. Ich sah sie friedlich auf einem Gewölbeabsatz im Umfeld der Pfeiftonanlage sitzen. Oder ist ihr Gehör auch schon so geschädigt, dass alles, was wehtun könnte, an ihnen abprallt?

Donnerstag, 18. Januar 2007

Schwamendingen ZH zeigt Auswege aus der Schuldenfalle

Wenn eine Schuldenberaterin (Frau Susanne Johannsen) und ein Stadtammann und Betreibungsbeamter aus dem Zürcher Kreis 4 (Herr Bruno Crestani) aus ihrer Praxis erzählen, geht das unter die Haut.

In Schwamendingen beschäftigt man sich diese Woche ausführlich mit der Verschuldung. Die Veranstaltungen, die von 4 Kirchgemeinden aus diesem Quartier organisiert worden sind, wollen Wege aus Armut und Resignation aufzeigen. Hier der Bericht über die 1. Abendveranstaltung.

Die Zahlen sind alarmierend. Innert 10 Jahren haben sich die Betreibungen verdoppelt. Waren es früher 2 von 10 Einwohnern dieses Stadtkreises, sind es in der Statistik von 2005 bereits 4 von 10 und heute vermutlich noch mehr.

Weiter hörten wir, dass ein Drittel aller Schweizerinnen und Schweizer zu unkontollierbarem Kaufverhalten neigen. Und die Hälfte unseres Volks will oder kann nicht sparen.

Wer seine Mittel aufgebraucht hat, zahlt heute einfach keine Steuern mehr oder schiebt die Mahnung der Krankenkasse beiseite. Die schweizerischen Krankenkassen bezifferten die Prämien-Ausstände pro Jahr auf 400 Millionen Franken. Diese müssen über Betreibungen hereingeholt werden.

Werbung und Kreditkarte gehören zu den Verführern. Werbung, weil sie uns bei den Sehnsüchten abholt und auf dieser Ebene permanent beeinflusst, und die Kreditkarte, weil sie die Übersicht vernebeln kann. Wer seine Auslagen bar bezahlt, merkt im richtigen Moment, wenn das Portemonnaie leer wird. Mit der Kreditkarte ist Überziehen aber möglich.

Es ist auch eine Sache des Selbstbewusstseins. Wer es nötig hat, andere zu beeindrucken, alles haben muss, um sicher auftreten zu können, tritt früher oder später in die Schuldenfalle. Man muss einteilen können und lernen, sich an einen Plan zu halten. Und man muss vor allem die Realität erkennen. So viel und nicht mehr steht mir zur Verfügung. Und ich muss wissen, wie viel das Leben kostet. Nach einer Faustregel soll die Miete höchstens ein Drittel des Monatslohns ausmachen, besser sogar nur ein Viertel. Eine Budget-Beratung kann einen Teufelskreis durchbrechen. Und Eltern sollten ihren heranwachsenden Kindern die Möglichkeit geben, sich im Einteilen zu üben. Frau Johannsen rät auch zu Spaziergängen in die Stadt, mit der festen Absicht, kein Geld auszugeben. Es geht darum, zu erfahren, dass Konsum nicht das ganze Leben ist. Eine solche Übung gelingt aber nur, wenn Väter oder Mütter selbst fähig sind, nicht jeder Verlockung zu erliegen.

Der klassische Schuldner sei übrigens männlich und geschieden, war zu hören.

Gut kommt die Kampagne der Stadtammänner an. Diese besuchen die Schulabgänger in der 3. Oberstufe und erzählen aus der Praxis. Lehrer und Schüler müssen ein Budget erstellen, und dieses wird mit den Fachleuten besprochen. Ähnlich wie Polizisten den Erstklässlern beibringen, wie sie die Strasse richtig überqueren, zeigt ein Stadtammann auf, wie wichtig es ist, die eigenen Mittel und deren Grenzen zu kennen. Diese realitätsnahe Orientierungshilfe durch eine Autorität beeindruckt. Die Schüler seien aufmerksam. Das Thema betrifft ihr Leben, sie selbst. Es wird ihnen auch aufgezeigt, wie eine Betreibung abläuft und dass diese registriert wird. Will nämlich jemand wissen, ob eine Person zahlungsfähig ist, kann im Betreibungsamt ihres Wohnortes nachgefragt werden. Jedermann, der das Interesse begründen kann, bekommt diese Auskunft. Für eine Wohnungsmiete kann die Antwort von einer solchen Stelle entscheidend sein. Im Jahr 2005 seien 88 000 solcher Anfragen beantwortet worden.

Alle wollen frei sein, wollen tun und lassen, was ihnen wichtig ist. Wenn aber Vernunft ausgeblendet wird, Alarmglocken unbekannt sind, wird diese Freiheit trügerisch. Sie macht unfrei. Ohne Vernunft und Übersicht kann sie ins Schuldengefängnis führen. Lebenslänglich.

Die Veranstalter wiesen auf folgende Internetadressen zum Thema Budget und Verschuldung hin:
www.budgetberatung.ch
Erhebungsblätter für die persönliche Budgetplanung und Ausgabenkontrolle.

www.maxmoney.ch
Lern- und Arbeitshilfen zum Thema Jugend und Geld
„Der Schuldentilger“ – ein Spiel zu Geld und knappen Finanzen

www.schulden.ch
Viele praktische Tipps rund um das Thema Schulden

www.toolbox-schulden.ch
Zeigt das praktische Vorgehen im Schuldenfall auf

www.schuldenhotline.ch
Tipps rund um das Thema Schulden. Informationen zum Betreibungsrecht.

Donnerstag, 11. Januar 2007

„Glaubenssache“ nimmt die Glaubenslandschaft ins Visier

„Wir glauben an Gott, an Allah, an Engel, Karl Marx oder an die Kraft der Gedanken. Wir beten zu Maria, meditieren vor Buddha oder legen Karten. Wir glauben. Aber immer weniger von uns glauben das Gleiche.“ Dies ist der Eingangstext im Internet zur Ausstellung „Glaubenssache“.

Die Ausstellungsmacher stellen auch andere Fragen. Nach der Gottesvorstellung, nach dem Gebet, nach der Teilnahme an Gottesdiensten, nach dem Einbezug der Religion in den Alltag usw. Und sie setzen voraus, dass es Gläubige und Ungläubige gibt. So waren denn auch Primo und ich aufgefordert, jene Tür zu wählen, der wir uns zugehörig fühlen. Ich wählte provokativ die Eingangstür für Ungläubige, Primo jene für die Gläubigen. Im Inneren angekommen, haben wir uns sofort wieder getroffen. Doch der Museumsangestellte, der uns die Eintrittskarten verkaufen musste, hatte schon registriert, woher wir kamen und uns je einen (vielleicht entsprechenden) Datenstick für das Glaubenspositions-Spiel übergeben. Ich dachte mir, dass ich möglicherweise als so genannt Ungläubige interessante Argumente für den Glauben bekäme. Das war falsch. Hier wird nicht missioniert. Hier wird die Glaubenslandschaft in der Schweiz dargestellt. Und mit unseren Antworten, die wir dem ausgehändigten Stick aufluden, kann später noch weitere Forschung betrieben werden.

Auf dem Rundgang erzählen 4 Männer und 5 Frauen von ihrem Gottesbild und Glauben. Sie gehören verschiedenen Religionen an. Auf mehrere Kabinen verteilt, sind ihre Aussagen ab Video abrufbar. Es kam mir vor, als sei ich bei ihnen zu Besuch gekommen. Die bequemen Hocker machten es möglich, sich so zu fühlen.

Im grossen Raum werden verschiedene Videos mit Ausschnitten aus Gottesdiensten der hier vertretenen Glaubensrichtungen gezeigt. Jeder Beitrag verlangt aber einen Platzwechsel. Die einzelnen Filme werden immer wieder an die gegenüberliegende Wand projiziert.

Ganz eindrücklich wirkte auf mich die Wand mit den 100 persönlichen Dingen aus der Glaubensbiografie verschiedenster Menschen. Devotionalien, also Andachtsgegenstände, zum Teil aus fernsten Ländern. Es sind Gegenstände mit emotionalem Wert, die den Besitzern in gewissen Situationen Halt geben oder eine Verbindung zu einem lieben Menschen herstellen können. Zu jedem ausgeliehenen Gegenstand kann die dazugehörige Erklärung gelesen werden. Es sind berührende Gedanken und Erfahrungen, die etwas sehr Intimes preisgeben.

Der Computer, der nach jeder Ausstellungsetappe etwas von uns wissen wollte, beschenkte uns am Schluss mit der Auswertung: Dem persönlichen Glaubensprofil gemäss unseren Antworten. Ganz interessant. Es war eine spielerische Erfassung. Dem Resultat konnte ich zustimmen. Ich vermute, dass die Eingangstür der Ungläubigen meine sonst ehrlichen Antworten nicht verfälschen konnte.

Solche Ausstellungen regen auch Tage danach noch zu interessanten Diskussionen an, und sie vermitteln Respekt.

Weitere Informationen im Internet: www.stapferhaus.ch/ausstellungen.html
Diese Ausstellung im Zeughaus-Areal in Lenzburg kann bis 29. April 2007 besucht werden.

Mittwoch, 3. Januar 2007

Küche aus Persien: Rezepte und spannende Geschichten

Wenn ich den Schalk in den Gesichtern der Gebrüder Kahkesh sehe, verstehe ich gut, dass sie die Erzählung „Die allwissende Nachbarin“, quasi als pädagogisches Gewürz, in ihr Kochbuch einbezogen haben.

In der angesprochenen Geschichte geht es um ein wunderbares Reis-Rezept, das die neu zugezogene Nachbarin der hier ansässigen vermitteln soll. Ihr Mann durfte das Gericht bereits kosten, als er den neuen Nachbarn willkommen hiess. Er schwärmte davon, hatte zum Nachbarn schon gesagt, dass sogar der König ihn um seine Gattin beneiden würde, wenn er wüsste, welch kulinarische Kunstwerke sie zu zaubern vermöge. Und jetzt sollte seine Frau bei dieser tüchtigen Köchin lernen, deren Safranreis nachzukochen. Sie war nicht begeistert.

Wir erfahren, dass seine Frau darob ganz still geworden sei und gedacht habe: „Statt sich für seine Abwesenheit zu entschuldigen, schwärmt er wie ein kleiner, gefrässiger Junge von den angeblichen Köstlichkeiten.“

Erst als er ihr seine Strategie auffächerte, machte sie mit. Er erinnerte sie an ihre Schwester, die bei jedem Essen Verbesserungsvorschläge mache und sie belehre, was zu tun sei, damit der Reis nicht zu körnig oder zu salzig sei. Ein solches Gericht könnte sie beeindrucken und sie von unerwünschten Ratschlägen befreien.

Sie fragte also an und durfte der Nachbarin beim Kochen zuschauen. Sie machte aber einen grossen Fehler. Sie kommentierte alle Schritte mit gespielter Überraschung: „Oh, was für ein Zufall. Ich mache es auch so.“ Oder „Kaum zu glauben, ich mache es auch so.“ Sie wollte nicht die Unwissende sein. Da fühlte ich mit ihr. Ihr Selbstwertgefühl musste sehr angeschlagen sein.

Und dieses Verhalten wurde ihr zum Verhängnis. Die Nachbarin wurde wütend, fragte sich, warum diese Frau bei ihr etwas lernen wolle, wo sie doch alles schon wüsste. So änderte sie kurz entschlossen das Schlussbouquet im Rezept, sagte dazu, dieses könne sie unmöglich kennen. Sie holte im Hof einen frischen Pferdeapfel (Schweizerdeutsch: Ross-Bolle), legte ihn obenauf und schloss den Deckel. Jetzt musste sich dessen Aroma nur noch dem ganzen Gericht einverleiben. 1 Stunde Wartezeit sei angemessen. Die Schülerin wartete aber nicht und verliess eiligst die Versuchsküche.

Sie stürmte nach Hause, hiess den Mann die Schwester und deren Familie einladen und kochte das Gericht, wie sie es eben gesehen hatte. Ob wissend oder unwissend – das weiss ich nicht – provozierte sie Unmut, Streit, ein grosses Desaster. Die Einzelheiten erzähle ich hier nicht. Die ganze Geschichte kann im Kochbuch „Gaumenfreude aus Persien“ nachgelesen werden.

Dieses reich ausgestattete Buch ist auch ein Kunstbuch, ein Lexikon, ein Fotobuch und windet der persischen Kultur und ihrer Küche den ihr gebührenden Kranz. Die bebilderten Rezepte wirken sinnlich. Ich habe selber schon danach gekocht und glücklicherweise keine Fallen entdeckt. Der Pferdeapfel als Aroma-Verstärker wurde nur in der Geschichte als eine Erziehungsmethode eingesetzt.

Und jetzt stelle ich mir vor, dass der Autor der erwähnten Geschichte (Reza Haidari Kahkesh) herzlich über mich lacht, falls er diesen Aufsatz liest. Ja, diese persisch-orientalische Geschichte hat mich beeindruckt.

Hinweis
„Gaumenfreude aus Persien“ aus dem regura-Verlag.
Autoren: Reza Haidari Kahkesh & Babak Haidari Kahkesh