Heute Montagmorgen hatte ich gerade noch Zeit, den heute
erschienenen Beitrag im Blogatelier zu lesen, bevor ich in die Stadt
fuhr. Der beschriebene Besuch von Walter Hess in Zürich regte mich zu allerlei Gedanken an. Was hätte ich ihm und seiner Frau gezeigt, wenn wir uns getroffen hätten?
In Gedanken begleitete ich dann die (fiktiven) Gäste aus dem Aargau auf den Lindenhof.
Ich wollte ihnen Aussicht und Übersicht vermitteln. Also gingen wir am
Fraumünster vorbei nach St. Peter und hinauf zum Lindenhof. Gerade
dieser Tage hatte mir ein Freund erzählt, dass der berühmte Geomantiker
und Landschaftsheiler Marco Pogacnik hier oben auf diesem kleinen Hügel auf ein vital-energetisches Zentrum gestossen sei. Wie gut, das zu wissen.
Wir schauten einfach einmal aus. Zum Zürichberg hin, zu all den
Gebäuden und Türmen. Zu den Spitalbauten, zur Universität, zur
Eidgenössischen Technischen Hochschule ETH usw. Auch die verwinkelten
Hausdächer mit ihrem Charme faszinierten uns. Und natürlich der Lauf der
Limmat und der Blick über sie Richtung See. Auf das selbstbewusste
Grossmünster musste nicht speziell verwiesen werden. Es steht da und
alle wissen: Das ist es.
Wir standen hier oben der Predigerkirche, die im Niederdorf
angesiedelt ist, direkt gegenüber. Und da konnte ich ausführlich
erzählen: In dieser Kirche gehöre ich zum so genannten Präsenzdienst.
Das heisst, ich hüte die Kirche. Ich bin die erste Ansprechperson für
Frauen und Männer, die hieher kommen, um etwas zu fragen oder zu
plaudern oder sich in der Stille zu erholen. Für Menschen in seelischen
Nöten stehen Seelsorger zur Verfügung. Ich beantworte Fragen zu
Gottesdiensten oder zur Kirche, Fragen auch, die Touristen stellen. Die
bewegte Geschichte dieses Orts ist oft ein Gesprächsthema. Auch Fragen
zur Bibliathek (so heisst sie), die zur Verfügung steht. Eine
Lese-Insel, reich an deutsch- und fremdsprachigen Bibelübersetzungen,
modernen Nachschlagewerken sowie wissenschaftlicher Literatur stehen zur
Verfügung. Und moderne Polstermöbel dazu. Kinder können auf kleinen
Stühlen und an passenden Tischen die schönsten illustrierten
Kinderbibeln und auch sonstige Kinderbücher anschauen. Randständigen,
die um Almosen betteln, kann ich Gutscheine fürs Essen abgeben. In
Notfällen auch für eine Übernachtung.
Ich habe eine Wächterfunktion, ähnlich der in einem Museum. Je nach
Dienstzeit öffne oder schliesse ich die Kirche. Es sind Lichter und
Kerzen anzuzünden oder auszulöschen. Am Abend gilt es Kontrollgänge zu
machen, damit niemand eingeschlossen wird.
Ich sitze an einem alten, langen Refektoriumstisch, auf dem meist
frische Blumen stehen und eine Kerze brennt. Vor mir das Telefon für
Notfälle und ein Ordner mit wichtigen Adressen und Hinweisen. Hier fühle
ich mich wohl und am rechten Platz. Ich schätze Kontakte, höre zu, was
die Mitmenschen beschäftigt. Oft kann ich nicht helfen, kann ihre
Probleme nicht lösen. Aber ich spüre immer wieder, was Zuhören bewirken
kann. Die Menschen, die ihre Sorgen aussprechen dürfen, hören sich
selber zu und ordnen oft ganz von allein verworrene Gedanken und gehen
etwas erleichtert weiter.
In dieser evangelisch-reformierten Predigerkirche weht ein guter,
offener Geist. Es arbeiten hier auch katholische Christen. Wir sind etwa
45 Personen, die diesen Dienst tun. Zum Präsenzdienst gehören auch
katholische Nonnen, und die ökumenische Seelsorge für Menschen in Not
wird von Pfarrern beiderlei Geschlechts und auch von katholischen
Ordensleuten getragen.
Es besteht eine Zusammenarbeit unter den Konfessionen. Das gefällt
mir speziell. Es weht hier ein offener Geist. Das spüren sogar
Touristen.
Morgen, am 5. Dezember 2006, dürfen wir Freiwillige feiern. Es wird der internationale UNO-Tag der Freiwilligen begangen. „Feuer und Flamme“
ist sein Thema. Die Freiwilligen aus der Predigerkirche und dem
Grossmünster treffen sich mit jenen aus dem Universitätsspital und dem
Bewährungsdienst. Es ist eine ökumenische Feier geplant, mit der die
Freiwilligenarbeit gewürdigt, aber auch auf sie aufmerksam gemacht
werden soll.
Das Programm: Beginn der Feier um 17.30 h im Grossmünster,
anschliessend Apéro um ein wärmendes Feuer auf dem Zwingliplatz. Es
werden mitwirken: Der afrikanische Chor von der Mission catholique de
langue française, alt Nationalrätin Angeline Fankhauser, 4 Freiwillige und Pfarrerin Käthi La Roche.
Zum Abschluss meines fiktiven Besuches umrundeten wir noch das
Areal der Predigerkirche und der Zentralbibliothek. Wir wählten den Weg
via Mühlegasse, durch die Predigergasse, dem neuen
Zentralbibliothek-Gebäudes entlang und schauten auf den Bibliotheks-Hof
mit seinen Zeugen aus allen Bauepochen vom einstigen Dominikanerkloster
bis zur heutigen Kirche. Die Rückkehr ins Niederdorf mit Blick zu den
niederen Häusern liess uns beinahe vergessen, dass wir uns in der
Grossstadt Zürich befinden.
Herzlich willkommen ein andermal!
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