Es war vor Jahren und atemberaubend. Ankommen auf dem Aussichtspunkt
„Chaserenlinde“ ob dem Weiler Hirzel Höchi. Im Herbst. Die Winde pfiffen
und die Drachen stiegen auf. Und die Aussicht über die
Moränenlandschaft eine grosse Überraschung. Nach einem Fussmarsch von
Sihlbrugg her hier anzukommen, ohne vorher zu wissen, was einen
erwartet, das war ein Erlebnis.
Diesmal sind wir mit dem Postauto eingetroffen. Primo und ich wollen das
„Heidi-Museum“ besuchen. Und wieder berührt uns die Landschaft mit
ihren Drumlin-Hügeln ganz eigenartig. Hirzel ist ein von Gletschern
gestaltetes, hügeliges Gebiet. Auf vielen Hügeln steht auf der Kuppe ein
einzelner Baum, meist eine Linde. Es sind diese Bäume, die der
Landschaft das aussergewöhnliche Gepräge geben. Darum gehört Hirzel
sowohl ins „Bundesinventar für Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung“ wie auch in jenes für „Moorlandschaften von besonderer Schönheit und nationaler Bedeutung“.
Diesen Hügeln begegnen wir oft auf Kalenderblättern und jetzt, wo wir
sie in der Natur vorfinden, denkt es in mir: Ah ja, die gibt es
wirklich.
In dieser Landschaft wuchs die Schriftstellerin Johanna Spyri
auf. In Hirzel ging sie zur Schule. Das kleine Schulhaus von einst, in
einem schönen Riegelhaus untergebracht, ist heute „Heidi-Museum“. Am
Sonntag-Nachmittag geöffnet. Wir sind nicht die einzigen, die sich für
die reiche Sammlung interessieren. Obwohl Heidi vor bald 130 Jahren zum
ersten Mal erzählt worden ist, strahlt sie immer noch weit aus. Hier
will ich mich über aktuelle „Heidi“-Ausgaben informieren und finde sogar
ein Bilderbuch fürs erste Lesealter, das ich hier kaufen kann.
Ich möchte meiner Enkelin Mena Heidis Geschichte erzählen, ihr
das Leben in der Bergwelt von einst beschreiben. Gerade weil sie in
Paris aufwächst, soll sie auch ein anderes Lebensumfeld kennen lernen
und von der Natur etwas zu spüren bekommen.
Ende der 50er-Jahre kam ich nach Korsika, noch bevor diese Insel für den
Tourismus erschlossen wurde. Fremde wurden sofort erkannt. Es war
leicht, mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen. Als ich sagte, ich
käme aus der Schweiz, wurde ich gleich mit dem „Heidi“-Etikett versehen.
So sähe ich aus, wie das Naturkind dieser Geschichte. Wie dieses
Beispiel zeigt, strahlte Johanna Spyris Figur in viele Länder aus. In
Hirzel lese ich, dass „Heidi“ in 50 Sprachen übersetzt worden sei. Viele
Belegexemplare können dort besichtigt werden.
„Heidi“ wurde auch in Film, Fernsehen und Comics übertragen. Nicht immer unverfälscht, schrieb Jürg Winkler,
der die Texte zum Bilderbuch verfasst hat. Er war Lehrer und wirkte in
Hirzel und gilt als hervorragender Kenner von Spyris Werk. Die Bilder
gestaltete die Illustratorin Margrit Roelli.
Ich freue mich, mit Mena zusammen erneut in die „Heidi“-Geschichte
einzutauchen und von vielen Gemütswellen ergriffen zu werden. Sich
mitfreuen und Ängste und Nöte teilen, das ist Training für die Seele,
fürs Leben. Auch Kinder von heute werden mit ähnlichen Situationen, wie
sie Heidi widerfahren sind, ergriffen. Die Gefühle, die „Heidi“ auslösen
kann, sind nicht von einem Zeitgeist abhängig. Nun kommt es nur noch
auf mich an, dass ich lebendig und spannend erzähle.
Hinweis
Zum Thema „Hirzel“ sind im Internet via Google-Suchmaschine interessante
Details zu finden. Spannend sind auch die Beiträge einer 5.
Primarklasse. Diese Kinder von Hirzel sind sich bewusst, dass sie an
einem sehr schönen Ort leben dürfen.
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