Einst war der Felsengarten („Felsegärtli“) auf dem Üetliberg ein
offener Raum. Der Waldboden von Buchenlaub bedeckt, die Krone der Bäume
zu einem Dach vereint. Die von der Natur wild hingeworfenen Felsbrocken
gut sichtbar. Hier spielten wir als Kinder.
Heute ist dieser Ort vor allem grün, verwachsen, verwunschen, geheimnisvoll versteckt. Kurt Derungs, der kürzlich in Zürich im Zentrum „Karl der Grosse“
über diese natürliche Steinstätte sprach, weckte in uns den Wunsch zum
Wiedersehen. In einer Kartenreproduktion der Gelände- und Flurnamen am
Üetliberg entdeckte ich danach die Einträge „im Felsegärtli“ und
„Chindlistein“. Es handelt sich hier also um eine anerkannte Stätte.
Derungs stellte sein Buch „Geheimnisvolles Zürich“ vor und
erzählte von seinen Forschungen und Entdeckungen. Wir hörten von ihm,
dass in diesem Felsengarten in vorkeltischer Zeit ein so genannter „Kindlistein“
als Sitz der Ahnenseelen verehrt worden sei. Ein Ort der spirituellen
Empfängnis also, wo die Frauen den Kontakt zu einer Seele suchten, um
sie wieder ins Erdenleben einzuladen.
Darum sind wir für ein Wiedersehen hierher gekommen. Weil wir den
Platz kannten, haben wir ihn rasch wieder gefunden. Wer nichts von ihm
weiss, geht vielleicht achtlos an ihm vorüber. Grosse ehrfürchtige
Stille ist um ihn. Achtsam gehen wir um die Felsen, erklettern einige
und fühlen uns leicht und wohl. Später sitzen wir auf einer Bank am Weg
unterhalb des Kulms Richtung Staffel neben einem Brunnen mit der
Jahrzahl 1929. Sein Wasser wird aus einem ebenfalls grossen
Steinbrocken herausgeleitet. Die Steinstätte liegt in diesem Umfeld.
Nach Derungs ist es heute nicht schlüssig, welcher der Brocken der
Kindlistein sei. Das macht es spannend, alle Steine besonders genau zu
betrachten.
Wir gehen weiter, verköstigen uns auf der Terrasse des Restaurants „Uto Staffel“, geniessen die weite Sicht auf Alpen und den Jura. Dann steigen wir auf zum Kulm, dem heutigen „Top of Zurich“,
wo die Touristen sind, wo ihnen die Sicht auf den See und über das
Häusermeer Zürich geboten wird. Der erst in letzter Zeit sanierte
Aussichtsplatz auf dem Kulm erscheint mir von unten her gesehen immer
wie ein Serviertablett. Da wird traumhafte Sicht angeboten. Neu können
Besuchende auf Holzliegen entspannen und sich der Sonne aussetzen.
Den Turm besteigen wir heute nicht. Unser Weg führt zum Teehaus „Jurablick“, einer alten, liebevoll gepflegten Hütte, die nur am Freitag, Samstag und Sonntag ab 9 Uhr geöffnet ist.
Auf dem Weg nach Ringlikon finden sich Hinweise auf sie. Hier gibt es
Brennnessel-Reissuppe und Waldmeister-Bowle. Draussen sind alle
Gartensitzplätze für den Blick ins Säuliamt besetzt. Primo und ich gehen
ins Haus, atmen die alte und die neue Zeit dieser ehrlichen Atmosphäre
ein. Sie liegt auf derselben Wellenlänge wie der Felsengarten.
Wir sind da und gleichzeitig weit fort. Wir erholen uns. Solche Ausflüge machen nicht müde.
Diverse Links zum Blog
http://surf.agri.ch/tschumi/kindlistein_uetliberg.htm
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